Aus: Ausgabe vom 22.08.2006, Seite 13 / Feuilleton
Mode in Berlin
Von Katrin Maria Jonas
Seit 1997 wird einmal im Jahr versucht, den Berliner Kurfürstendamm als Einkaufsstraße zu retten und die Hauptstadt als Modemetropole zu etablieren. Was als Off-Modenschau auf einem Freiluft-Laufsteg begann, ist über die Jahre recht volkstümlich geworden. Zwischen Tauentzien und Uhlandstraße frequentierten die Massen am Wochenende 300 Stände mit »internationalen Spezialitäten« (Schweinespieß und China-Pfanne), »Kunsthandwerk« (Wasserpfeifen, Taiwan-Schmuck), Bier, Champagner, Currywurst, Garnelen – jedem seine Orgie. Am Ende der Meile war ein Laufsteg von gerade mal 50 Metern aufgebaut, zwischen Karussell und Büchsenwerfen, CDU-Wahlkampf-Stand, Wunderkleber und Filzpantoffeln. »Europas größtes Open-Air Modespektakel« mit Haute Couture und so – Paris und Mailand lachen sich tot.
Nicht von ungefähr erinnerte das Deckblatt des »Global Fashion Festivals 2006«-Programmhefts an Riefenstahl: zwei Models, umrahmt von den Logos der Sponsoren, posieren in schwarz-weiß-roter Sportwäsche heroisch vor Hitlers Olympiastadion. Mit emanzipatorischer Mode hatten die Initiatoren von der West-Berliner Arbeitsgemeinschaft City e.V. allerdings nie was im Sinn. Es ging von Anfang an nur um die Umsätze auf dem Ex-Prachtboulevard.
Umso überraschender die Show des aus alten Offline-Tagen bekannten Berliner Modemachers Thorsten Amft: Er ließ die Mannequins zu pathetischen Klängen in einer Art Begräbnis-Prozession defilieren und widmete seine düster-glamouröse Roben im Dracula-Stil ausdrücklich den Opfern im Libanon. Leider vermochten weder seine Kreationen noch dieses Statement das miserable Niveau der Modenschau maßgeblich anzuheben.
Die Freizeit-Models wirkten beim Catwalk genauso uninspiriert und provinziell wie die meisten der von ihnen vorgeführten Klamotten »17 internationaler Designer«: Satin-Kitsch aus Polen, New-Wave-Retro aus Österreich, Turnhosen-Chic aus Berlin. Immerhin liefen am Samstag 100 Damen in High Heels verblüffend unfallfrei um die Wette – PR-Aktion eines Hochglanz-Magazins. Die Gewinnerin, eine Hochspringerin namens Nadine Sonnabend, schaffte 80 Meter in zwölf Sekunden und bekam einen Einkaufsgutschein.
Doch muß der Mensch nicht nur Waren haben wollen, er muß auch Ware sein. Und so gipfelte das feucht fröhliche Volksfest am Sonntag in einem »Miss und Mister Global City-Contest«. Die KandidatInnen mußten erst vorstellen (Üsch heiße Nadine, bün 17 Jahre alt und mache eine Ausbüldung zur Kindakrankenschwester. Meine Hobbies sind Fütnüss, Tanzen gehen und ähhh...), dann in eigenen Klamotten grinsend über den Laufsteg latschen. Keine Ahnung, wer gewonnen hat. Ich konnte einfach nicht mehr hinsehen.
Nicht von ungefähr erinnerte das Deckblatt des »Global Fashion Festivals 2006«-Programmhefts an Riefenstahl: zwei Models, umrahmt von den Logos der Sponsoren, posieren in schwarz-weiß-roter Sportwäsche heroisch vor Hitlers Olympiastadion. Mit emanzipatorischer Mode hatten die Initiatoren von der West-Berliner Arbeitsgemeinschaft City e.V. allerdings nie was im Sinn. Es ging von Anfang an nur um die Umsätze auf dem Ex-Prachtboulevard.
Umso überraschender die Show des aus alten Offline-Tagen bekannten Berliner Modemachers Thorsten Amft: Er ließ die Mannequins zu pathetischen Klängen in einer Art Begräbnis-Prozession defilieren und widmete seine düster-glamouröse Roben im Dracula-Stil ausdrücklich den Opfern im Libanon. Leider vermochten weder seine Kreationen noch dieses Statement das miserable Niveau der Modenschau maßgeblich anzuheben.
Die Freizeit-Models wirkten beim Catwalk genauso uninspiriert und provinziell wie die meisten der von ihnen vorgeführten Klamotten »17 internationaler Designer«: Satin-Kitsch aus Polen, New-Wave-Retro aus Österreich, Turnhosen-Chic aus Berlin. Immerhin liefen am Samstag 100 Damen in High Heels verblüffend unfallfrei um die Wette – PR-Aktion eines Hochglanz-Magazins. Die Gewinnerin, eine Hochspringerin namens Nadine Sonnabend, schaffte 80 Meter in zwölf Sekunden und bekam einen Einkaufsgutschein.
Doch muß der Mensch nicht nur Waren haben wollen, er muß auch Ware sein. Und so gipfelte das feucht fröhliche Volksfest am Sonntag in einem »Miss und Mister Global City-Contest«. Die KandidatInnen mußten erst vorstellen (Üsch heiße Nadine, bün 17 Jahre alt und mache eine Ausbüldung zur Kindakrankenschwester. Meine Hobbies sind Fütnüss, Tanzen gehen und ähhh...), dann in eigenen Klamotten grinsend über den Laufsteg latschen. Keine Ahnung, wer gewonnen hat. Ich konnte einfach nicht mehr hinsehen.
Mehr aus: Feuilleton
-
Kramer über Kramer
vom 22.08.2006 -
Verschwunden
vom 22.08.2006 -
Assistant Facility Manager
vom 22.08.2006 -
Puppen mit Punkten
vom 22.08.2006