Schneider: Die Banken »verdrängten ihre Zweifel«
Der wegen mehrfachen Betrugs angeklagte Bauunternehmer Jürgen Schneider hat seinen Kreditbanken zum Prozeßauftakt am Montag Mitverantwortung vorgeworfen, die Anklagepunkte aber im wesentlichen eingeräumt. Am ersten Tag des Hauptverfahrens vor dem Landgericht Frankfurt am Main sagte Schneider, er habe bei seinen Banken teilweise »kosmetische Angaben« gemacht, um Kredite in Millionenhöhe für seine Immobilienvorhaben zu erlangen. Er stehe in diesem Zusammenhang zu seiner eigenen Verantwortung. Das Verfahren solle jedoch auch die Mitverantwortung der Banken zeigen. Wegen Beihilfe in einem Fall mitangeklagt ist Schneiders früherer Bauzeichner Karl-Heinrich Küpferle. Nach knapp dreistündiger Verhandlung wurde der spektakuläre Prozeß auf Donnerstag vertagt.
Schneider sagte vor Gericht weiter, er habe auf die zukünftige Entwicklung der Immobilien gehofft und mit dem »stillschweigenden Einverständnis« seiner Kreditgeber gerechnet. Sein Anwalt Franz Salditt sagte, sein Mandant habe von den Banken in der Regel mehr Geld erhalten, als er nachweisbar aufgewendet habe. Die Finanzierungspraxis sei bei den Banken bereits lange registriert worden, die Geldinstitute hätten davon gewußt und sie geduldet. Das gesamte Unternehmen habe eine »gewaltige spekulative Tendenz« aufgewiesen. Die Banken hätten jedoch »Zweifel verdrängt, Erkenntnisse unterdrückt und naheliegende Untersuchungen unterlassen«. Dennoch wolle die Verteidigung das Verfahren nicht als »Kriegserklärung gegen die Banken« verstanden wissen.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt wirft Schneider fünf beispielhaft ausgewählte Fälle von Betrug, Kreditbetrug und Urkundenfälschung vor.
Schneider kündigte an, bei einem folgenden Prozeßtag weitere Aussagen zu den Anklagevorwürfen zu machen. Das Verfahren am Montag wurde unterbrochen, nachdem Schneider sich zur Sache geäußert und Küpferle Angaben zur Person gemacht hatte.
AFP/jW
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