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12.09.2006 / Inland / Seite 2

»Ein Meilenstein für die Linke in Niedersachsen«

Bei der Kommunalwahl am Sonntag wurden über 100 Mandate erreicht. Ein Gespräch mit Dorothée Menzner

Peter Wolter
* Dorothée Menzner ist zusammen mit Diether Dehm Landesvorsitzende der Linkspartei.PDS in Niedersachsen. Beide gehören auch der Linksfraktion im Bundestag an.



F: Die Linke hat bei der Kommunalwahl in Niedersachsen die Zahl ihrer Kommunalmandate auf über 100 gesteigert. Das ist fast achtmal soviel wie bei der letzten Wahl. Wie haben Sie das hingekriegt?

Wir haben sicherlich davon profitiert, daß es die Bundestagsfraktion gibt. Auch davon, daß meine Partei, die Linkspartei.PDS, zusammen mit der WASG und Parteilosen angetreten ist.

F: Wie setzten sich denn die Listen zusammen?

Aufgrund des niedersächsischen Kommunalwahlrechts mußten wir in unterschiedlichen Va­rianten antreten. Teils als WASG, teils als »Die Linke«, teils als Linkspartei.PDS, häufig auch als Wählergemeinschaft. Unsere Kandidaturen tragen daher Namen wie »Goslarer Linke« oder »Wolfsburger Linke«.

F: Es gab Orte, an denen WASG und Linkspartei gegeneinander antraten. Mit welchem Ergebnis?

Nach meinen bisherigen Informationen lag es dort weit unter dem Durchschnitt. Das ist allerdings nur in zwei Wahlbereichen vorgekommen – in Nienburg und im Landkreis Stade.

F: Welche Themen standen im Vordergrund? Ist es gelungen, Aktivitäten außerparlamentarischer Gruppen aufzugreifen?

Wir haben überall unsere Forderung in den Mittelpunkt gestellt, keine weitere Privatisierung kommunalen oder anderen öffentlichen Eigentums zuzulassen. Das hat viele Wählerinnen und Wähler offenbar beeindruckt. Wir sind auch offensiv gegen Hartz IV angetreten. Darüber hinaus gab es auch andere kommunale Themen.

F: Hatte die Linkspartei.PDS überzeugende Argumente gegen die Privatisierung? In Dresden, Berlin oder Cottbus hat Ihre Partei genau das Gegenteil gemacht – sie hat städtische Wohnungen oder auch die Wasserversorgung an Finanzhaie verkauft.

Das ist uns während des Wahlkampfes hin und wieder um die Ohren gehauen worden. Und das zu Recht. Aber dennoch wurde uns in Niedersachsen abgenommen, daß wir es ernst damit meinen, Widerstand gegen Privatisierungen zu leisten.

F: Wie sah die Zusammenarbeit mit außerparlamentarischen Initiativen aus? Wurden deren Vertreter in die Kandidatenlisten aufgenommen?

Aber sicher. Wie viele von ihnen jedoch gewählt wurden, wissen wir noch nicht. Da müssen wir die genauen Ergebnisse abwarten. Jedenfalls gab es nach meiner Beobachtung überall eine gleichberechtigte Zusammenarbeit im Wahlkampf. In manchen Bereichen haben wir uns eher mit Gewerkschaftern zusammengetan, in anderen mit ATTAC oder anderen Initiativen. Im Wendland waren es z. B. viele Umweltgruppen.

F: Was bedeutet das Wahlergebnis für den Vereinigungsprozeß beider Parteien?

Ich glaube, daß diese Wahl für die niedersächsische Linke ein Meilenstein war. Und damit meine ich nicht nur das Ergebnis, sondern auch, wie es zustande gekommen ist: Wir haben zusammen die Programme entwickelt, Listen aufgestellt und ein halbes Jahr lang gemeinsam Wahlkampf gemacht.

WASG und Linkspartei haben eine gemeinsame Steuerungsgruppe, die voraussichtlich übernächste Woche darüber beraten wird, wie wir jetzt die Debatten über die Parteineubildung konkret führen wollen. Wir überlegen sogar, in diesen Verständigungsprozeß auch das Nachbarland Sachsen-Anhalt einzubeziehen. Aktuelle Aufgabe ist jedenfalls, daß sich unsere neuen Ratsfrauen und -herren kennenlernen und daß ihnen die nötigen Kompetenzen vermittelt werden, falls sie die noch nicht haben. Und sie müssen die Erfahrung machen, daß sie von den Landesverbänden der Linkspartei.PDS und der WASG voll unterstützt werden.

F: Ist dieser relative Wahlerfolg eher ein Oskar- oder ein Gregor-Ergebnis?

Weder das eine noch das andere. Sowohl Oskar Lafontaine als auch Gregor Gysi haben uns sehr engagiert im Wahlkampf unterstützt. Als Vorsitzende der gemeinsamen Bundestagsfraktion stehen beide ja auch für die gesamte Politik, die die Linke macht. Aber letztlich werden sich unsere Wähler wohl auch aufgrund des überzeugenden Auftritts unserer lokalen Kandidaten für die Linke entschieden haben.

Interview: Peter Wolter

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