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Aus: Ausgabe vom 04.11.2006, Seite 15 / Geschichte

Dolores Ibarruri: Sie kamen, um Seite an Seite mit uns zu kämpfen

In erbitterten Kämpfen haben die Milizionäre die ersten Angriffe der Rebellen auf die Hauptstadt zum Scheitern gebracht, haben es aber trotzdem nicht verhindern können, daß der Feind Boden gewann. Das schwer angeschlagene, unter dem Geschützfeuer ausblutende Madrid versperrt die Zugänge zu seinen Straßen in den Außenbezirken mit Tankfallen, durch mit Schießscharten versehene Mauern, durch Stacheldrahtverhaue. (...)

Angesichts des unmittelbar drohenden Angriffs hält sich die Bevölkerung wachsam bereit. (...) Mit geballten Fäusten, aufmerksam horchend und den Blick fest dorthin gerichtet, wo der Feind lauert, wo er heranschleicht, wo er sich vortastet und eine kleine Lücke, eine schwache Stelle sucht, um durch sie einzubrechen, um dort seine Truppen zum Angriff vorzuwerfen, warten die Madrider. Sie warten ... Da beginnt in der Stille, die trächtig ist von Bedrohungen, von Gefahren, von blutigen Überraschungen, ein taktmäßiges, rhythmisches, ein erschreckendes Geräusch von festen Marschtritten hörbar zu werden. Es schwillt an, es kommt näher. Schon vernimmt man deutlich das dumpfe Dröhnen von Nagelstiefeln auf dem Straßenpflaster.

Einen Augenblick lang macht sich Erstarrung, Unschlüssigkeit breit. Wer kommt da? Was sind das für welche, die sich da nähern? Wer sind diese Männer, die da auf den Staßen unseres Madrids marschieren, stumm, in aufrechter Haltung, ernst, das Gewehr mit aufgepflanztem Bajonett geschultert und den Boden unter ihren Füßen erzittern lassend? (...) Da hört man, wie eine Kommandostimme in ausländischer Sprache einen Befehl gibt, der wie ein Peitschenschlag die Luft durchschneidet. Und nun begleiten die ersten Strophen einer vertrauten, einer so teuren Hymne den Marschrhythmus der Unbekannten. Die Luft ist erfüllt von begeisternden, feierlichen Klängen und Worten. Die Madrider sind erschüttert. »Mein Gott! Ist das nicht ein Traum?« fragen die Frauen, und in ihren Worten klingt ein Schluchzen auf. Die Männer, die dort durch die Straßen des belagerten Madrids ziehen, singen auf französisch, auf italienisch, auf deutsch, polnisch, ungarisch, rumänisch die »Internationale«! ... Es sind die Freiwilligen der Internationalen Brigaden, die, dem Aufruf der Kommunistischen Internationale folgend, in unser Land kommen, um Seite an Seite mit uns zu kämpfen und vielleicht zu sterben! Die Madrider Bevölkerung stürzt auf die Straße, denen entgegen, von denen sie weiß, daß es ihre Freunde sind. Und in nicht zu beherrschendem Drang, tief bewegt, umarmen Männer und Frauen die Kämpfer der Internationalen Brigaden. (...)

Aus: Dolores Ibarruri, Der einzige Weg, Dietz Verlag, Berlin/DDR 1964, S. 380 ff.

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