Gegründet 1947 Sa. / So., 02. / 3. November 2024, Nr. 256
Die junge Welt wird von 2974 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 18.11.2006, Seite 12 / Feuilleton

Mode-Tod

Betreten, aber nicht bekehrt hat die Modewelt auf den Tod der 21 Jahre alten Ana Carolina Reston reagiert. Das Fotomodell war am Dienstag in São Paulo an den Folgen seiner Magersucht gestorben. »Die Mode ist nicht für die Magersucht verantwortlich«, erklärte am Donnerstag abend das Haus Chanel in Paris. Modezar Karl Lagerfeld meinte, die Gesellschaft habe ein deutlich größeres Problem mit der Fettleibigkeit – auch wenn die Mädchen auf den Laufstegen und in den Gazetten seit vierzig Jahren immer dünner werden. Schuld am Magerkult der jungen Frauen sei nicht die Mode, beharrt Frankreichs Modeverbands­chef, Didier Grumbach: »Die Mode ist Folge der gesellschaftlichen Veränderungen, nicht ihre Ursache.« Diese gesellschaftlichen Veränderungen haben mittlerweile für viele junge Frauen fatale Folgen. So sind in Frankreich ungefähr vier Prozent der Bevölkerung eßgestört, leiden also unter Magersucht oder Bulimie – das sind immerhin 40000 bis 50000 Menschen. Neun von zehn Betroffenen sind Frauen oder Mädchen, von denen »zehn Prozent, ohne es zu wollen, daran sterben werden«, sagt der Pariser Experte für Eßstörungen Philippe Jeammet.

Reston hatte die Arbeit an einem Armani-Katalog in Japan kurz vor ihrer Erkrankung aufgeben müssen, weil sie mit 40 Kilogramm Körpergewicht bei einer Größe von 1,74 Metern zu dünn und zu schwach war. Die junge Frau hatte sich zuletzt nur noch von Äpfeln und Tomaten ernährt. Eine Blaseninfektion führte dann innerhalb kurzer Zeit zu Nierenversagen und allgemeinem Organversagen.


(AFP/jW)

Mehr aus: Feuilleton