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Aus: Ausgabe vom 07.04.2007, Seite 16 / Aktion

Unser Osterwunder

Warum sich die junge Welt ab und zu mal selbst loben muß
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Es gibt natürlich auch Leserinnen und Leser, die an der jungen Welt einiges zu kritisieren haben. Zum Beispiel, daß wir uns an dieser Stelle zu viel loben und zu wenig kritisch mit der Zeitung auseinandersetzen. Zunächst ist das richtig beobachtet: Dies ist die Aktionsseite, hier wollen wir mit stimulierenden Argumenten und Beispielen unser ehrgeiziges Ziel befördern, im laufenden Jahr 3600 Menschen für ein Print- oder Internetabo zu gewinnen (bzw. Abonnenten, die auf eine höhere Preisklasse umsteigen). Gelegenheitsleser sollen zum Abonnement animiert werden – und unsere Abonnenten zur aktiven Beteiligung an der Aktion. Deshalb heben wir hier vor allem die Vorzüge und Stärken dieser Zeitung heraus. Das heißt noch lange nicht, daß wir mit der jungen Welt so, wie sie ist, schon zufrieden wären. Oder daß wir nicht den kritischen Austausch mit unseren Leserinnen und Lesern über die Zeitung suchten. So ganz verschont von Kritik und Selbstkritik bleibt auch diese Seite nicht. Immerhin weisen wir gelegentlich darauf hin, daß die Situation ja im Moment vor allem dadurch gekennzeichnet ist, daß andere überregionale Tageszeitungen immer mehr ihre journalistische Unabhängigkeit verlieren und es an kritischer Distanz zu den herrschenden Kreisen im Lande vermissen lassen. Deshalb ist unsere größte Stärke die Schwäche der anderen, was uns gar nicht freut, sondern eher beunruhigt. Eine breitgefächerte kritische und unabhängige Presse wäre ja auch in diesem Land ein Wert, der zu verteidigen wäre.
Dann aber ist zu bemerken, daß wir uns schon mal selber loben müssen. Weil es ja sonst fast keiner tut. Vielmehr kann man immer wieder lesen, wie schrecklich diese Zeitung doch ist. Zuletzt am 1.April in der Welt am Sonntag. Unter der knalligen Überschrift »Die schöne junge Welt der Stasiveteranen« werden wir endlich mal wieder als »früheres Zentralorgan der SED-Jugendorganisation« betitelt, was ja geradezu aus der Mode gekommen ist. Heute sei die junge Welt »Sammelbecken für ewig gestrige Linke, Verschwörungstheoretiker, offizielle und informelle Mitarbeiter der Stasi sowie Exspione aus allen Teilen Deutschlands« und somit eines der »merkwürdigsten Presseerzeugnisse des Landes« – »und das mit einer steigenden Auflage«, wie die Welt am Sonntag zu bedenken gibt. Nachdem man sich eine Zeitlang mit der vermeintlichen Vergangenheit so mancher vermeintlicher Führungskraft in der jungen Welt beschäftigt hat, kommt man dann doch noch zum Kern der Sache: Anst0ß erregt nicht nur, daß die Linie des Blattes von diesen Kräften frech und offen als »marxistisch« bezeichnet wird, gegen Schluß wird dann auch noch beschrieben, wohin das alles führen muß: »Die junge Welt läßt kaum eine Gelegenheit aus, Deutschlands demokratische Institutionen zu diskreditieren.« Wenigstens diese Behauptung wird sofort mit erdrückenden Beweisen belegt: »Als der Bundestag kürzlich über den Tornadoeinsatz in Afghanistan und die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre abstimmte, titelte man: ›Krieg bis 67‹, und schrieb: ›Selten wurde Politik so direkt am Volk vorbei gemacht.‹« Das genügt der Welt am Sonntag als Beleg dafür, wie die junge Welt demokratische Institutionen diskreditiert. Ganz so blöd sind aber die Welt am Sonntag-Leser nicht. In Leserkommentaren verteidigen sie oft die junge Welt. Denn auch ihnen ist aufgefallen, daß Mehrheiten beim »Tornado«-Einsatz und bei der Rentenerhöhung tatsächlich ignoriert worden sind. Einfach schreiben, was ist, fällt manchem halt recht schwer.
Vor zwölf Jahren konnten auch wir nicht schreiben was ist: Erstmals in der Geschichte dieser Zeitung gab es keine junge Welt: Denn am 5. April 1995 wurde vom damaligen Eigentümer ihr Ende verkündet. Das wurde damals sogar in der ARD-Tagesschau vermeldet. Die vermeintlich letzte Ausgabe der jungenWelt vom 6. April ging dann als die »Kartoffeldruck-Ausgabe« in die Zeitungsgeschichte ein. Kleingläubige Mitarbeiter machten sich darin über die Versuche und Überlegungen lustig, die junge Welt in Eigenregie der Belegschaft weiterzuführen. Wir und unsere Leserinnen und Leser sind aber sowas von Klasse: Nur sechs Tage später, am Ostersamstag 1995 gaben wir der verduzten Öffentlichkeit bekannt, daß ab sofort die junge Welt wieder erscheinen wird. Die Tagesschau meldete das allerdings nicht – dort sind wir erst wieder im Zusammenhang mit der Grußbotschaft von Christian Klar an die Rosa-Luxemburg-Konferenz genannt worden. Wir feiern also doppelt: 60 jahre junge Welt – und zwölf Jahre Osterwunder. Und loben uns und unsere Leserinnen und Leser schon wieder. Also sowas.

Verlag, Redaktion und Genossenschaft

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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Leserbriefe zu diesem Artikel:

  • Andreas Grabher: Ein Körnchen Wahrheit Dass die Abonnentenzahl der Jungen Welt steigt, hat die zitierte Welt am Sonntag gut beobachtet: Zufällig bin auch ich seit 02.04. Onlineabonnent. Sie bringen interessante Themen, Sie berichten prä...

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