Aus: Ausgabe vom 16.04.2007, Seite 13 / Feuilleton
Arbeit gegen Arbeit
Zwischen zwei Filmklassikern will Wolfgang Engler heute abend in Potsdam mit einem Vortrag die Arbeitsmoral seiner Zuhörer untergraben. Der Rektor der Schauspielschule »Ernst Busch« hat »Die Ostdeutschen als Avantgarde« beschrieben, ohne dabei sozialistisch zu werden. Sein aktuelles Buch heißt »Bürger, ohne Arbeit«. Er will das Arbeitslosendasein schöner machen, mit einem Grundeinkommen und Bildungsmaßnahmen. Von einem Zwang zur Arbeit hält er nichts, schüttet dabei das Kind mit dem Bade aus. Protestantische Selbstkasteiung, entfremdete Lohnknechtschaft, Industrialisierung der ruhmreichen Sowjetunion – das ist bei Engler eine Soße. Die Wahl der Filme, zwischen denen er im Filmmuseum Potsdam referiert, macht historische Unterscheidungen nötig. Um 17 Uhr läuft Sergej Eisensteins »Staroe i novoe« (Das Alte und das Neue, UdSSR 1926–29, Foto). Im Auftrag Stalins gedreht, zeigt der Film, wie gegen die Kulaken eine Kolchose gegründet wird. Um 19 Uhr referiert Engler über den »Zerfall der alten Arbeitsgesellschaft«. Zwei Stunden später läuft Charles Chaplins »Modern Times« (USA 1936), in dem ein Fließbandarbeiter zum Kommunisten wird.
(jW)
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