Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 21.06.2007, Seite 3 / Schwerpunkt

Hintergrund. Deutsch und diskriminiert

2006 war es soweit: Endlich, eingebürgert. Nennen wir den Deutschen algerischer Herkunft, um den es hier geht, Kerim S. Denn er möchte seinen Namen nicht in der Zeitung lesen, weil er keinen Ärger bekommen will. Schließlich könne man ja nie wissen, ob nicht bald ein Gesetz verabschiedet wird, das deutsche Neubürger zu ewiger Dankbarkeit verpflichtet und ihnen untersagt, Kritik zu üben. Als »Geduldeter« hatte Kemal S. häufig Willkür zu spüren bekommen. Als deutscher Staatsbürger muß er nun die oft respektlose Behandlung im Ausländeramt nicht mehr über sich ergehen lassen. Jetzt gelten auch für ihn Bürgerrechte.

Nach der neuen verschärften Bleiberechtsregelung hätte er allerdings keine Chance gehabt, Deutscher zu werden. Denn Kerim S. ist Autodidakt. Deutsch sprechen hat er hauptsächlich durch das Kommunizieren mit Freunden gelernt. Er haßt jede Art von Zwang. Künftig heißt es jedoch: Wer nicht an einem verpflichtenden Integrationskurs teilnimmt, wird mit Geldbußen bis zu 1000 Euro bestraft.

Ebenso räumt Kerim S. ein, seinen Lebensunterhalt nicht längerfristig finanzieren zu können. Um ihr Bleiberecht zu erwirken, müssen jetzt jedoch jene »Geduldeten«, die alle übrigen Kriterien erfüllen, obendrein bis Ende 2009 Arbeit gefunden haben. Außerdem werden Migranten mitunter aus ihren Jobs gemobbt, wie Kerim S. erfahren mußte. Ergo: Wer heute Arbeit hat, kann Ende 2009 wieder erwerbslos sein.


Kerim S. wurde Deutscher, weil er vor allem den europäischen Freiheitsgeist schätzt. Für seinen ehemaligen Arbeitgeber PIN Hessen blieb er weiterhin »Ausländer«. Der private Briefdienstleister beschäftigte im nahe gelegenen Stadtgebiet hauptsächlich Einheimische. Menschen mit schwarzen Haaren und dunkler Haut wie Kerim S. wurden in entfernten Gebieten eingesetzt. Bei Regen, Schnee und Eis sind diese mit dem zur Verfügung gestellten Roller nur unter Unfallgefahr zu erreichen. Als sich Kerim S. bei anderen Unternehmen bewarb, half es ihm ebenso wenig, daß er Deutscher ist. Araber stehen ganz unten auf der Beliebtheitsskala der Unternehmen. Sie könnten Terroristen sein…

(düp)

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