Aus: Ausgabe vom 27.06.2007, Seite 13 / Feuilleton
Landschaft mit Feinden
Von Anne-Lydia Mühle
Montag nachmittag vor einer Kirche in der Thusnelda-Allee, Berlin-Moabit. »Wollen Sie bei uns kostenlos zehn Minuten in die ganze Welt telefonieren?« fragt Margit Middlemann mürrische Passanten mit einem freundlichen Lächeln und deutet auf einen bunten Wohnwagen, der vor der Kirche parkt. Kaum einer will telefonieren. »Die Leute denken alle, wir wollen ihnen was andrehen.« Resigniert steigt die Projektleiterin wieder in den Wagen. Der ist mit zwei Telefonkabinen ausgestattet. Auf einer gepolsterten Bank sitzt an einem gemütlichen Ecktisch der Autor Feridun Zaimoglu. Er will mit Leuten über ihre Telefonate reden, dann ihre Geschichten erzählen. »Ich komme mir ein bißchen vor wie ein Beichtvater«, sagt er, »aber es steht den Leuten frei, ob sie nach dem Telefonat mit mir reden wollen oder nicht«. Was hier zusammengeschrieben werden soll, ist eine »Menschenlandschaft«. Zaimoglu ist einer von vielen beteiligten Autoren.
Der Wohnwagen tourt in diesen Wochen durch Deutschland. An jedem Tag sitzt ein anderer Schriftsteller drin, redet und schreibt Kurzgeschichten. Zur Frankfurter Buchmesse sollen die gesammelten Werke im Blumenbarverlag erscheinen. Am Sonntag stand der Wohnwagen am Boxhagener Platz in Berlin-Friedrichshain. »Dort mußten wir Wartenummern an die Leute verteilen, so groß war der Andrang«, erklärt Middlemann. In Moabit ist das brutale Gegenteil der Fall. Skeptisch stehen Vereinzelte um das Gefährt herum: »Wer bezahlt denn das alles?« fragt einer. »Das hört sich ja schlimm an«, schimpft ein anderer. »Zaimoglu kenn ich nicht«, meint ein Dritter. Und das sind noch die harmloseren Kommentare. Schließlich protestiert einer so lautstark, daß die Wohnwagentür geschlossen werden muß.
Der Wohnwagen tourt in diesen Wochen durch Deutschland. An jedem Tag sitzt ein anderer Schriftsteller drin, redet und schreibt Kurzgeschichten. Zur Frankfurter Buchmesse sollen die gesammelten Werke im Blumenbarverlag erscheinen. Am Sonntag stand der Wohnwagen am Boxhagener Platz in Berlin-Friedrichshain. »Dort mußten wir Wartenummern an die Leute verteilen, so groß war der Andrang«, erklärt Middlemann. In Moabit ist das brutale Gegenteil der Fall. Skeptisch stehen Vereinzelte um das Gefährt herum: »Wer bezahlt denn das alles?« fragt einer. »Das hört sich ja schlimm an«, schimpft ein anderer. »Zaimoglu kenn ich nicht«, meint ein Dritter. Und das sind noch die harmloseren Kommentare. Schließlich protestiert einer so lautstark, daß die Wohnwagentür geschlossen werden muß.
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