TV-Junkie: Gülcans Hochzeitsnacht

Zu den Sendungen, auf die man beim Zappen zwangsläufig stößt und bei denen man gar nicht so schnell um- oder abschalten kann, wie man möchte, zählt neben ekligen »Aliens«-Verschnitten und affigen Pokerrunden auch »Gülcans Traumhochzeit«. In aller Ausführlichkeit zeigt da Pro Sieben, wie die deutsch-türkische Viva-Moderatorin Gülcan unter die Haube des Großbäckersohns Sebastian Kamps gebracht wird. Ob die Abgeordneten der beiden etwas schlicht gestrickten Familien spießige Hochzeitskleider oder ein muffiges Hotelzimmer für die Hochzeitsnacht aussuchen, sich den Kopf darüber zerbrechen, wer zu diesem »Event« eingeladen wird oder sich über einen Ehevertrag streiten – stets kommt es einem so vor, als ob »Gülcans Traumhochzeit« eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die TV-Crew einer eingestellten Einrichtungsshow ist. Oder eine Dauerwerbesendung für einen Großbäcker, der einen laut rufen läßt: Heino, komm zurück, es ist alles vergessen und vergeben!

Nach einem ähnlichen Muster gestrickt ist auch das Pro-Sieben-Promi-Spezial »We are Family«, bei dem man immer damit rechnet (oder darauf hofft), daß gleich die dicke Tine Wittler um die Ecke gewackelt kommt. Kürzlich war die Familienshow zu Gast beim Richtfest von Barbara Beckers Baumhaus in Florida, woraus ein Bohei gemacht wurde, als wäre man ins Schlafzimmer der Queen vorgedrungen. Und vergangene Woche drückte man auf die Tränendrüse, indem man den Zuschauer hautnah miterleben ließ, wie der Ex-Pornostar Dolly Buster aufopferungsvoll die Häufchen ihrer inkontinenten Töle aufwischte, die dann aber trotzdem starb. Solche Einblicke in die Privatsphäre abgetakelter B-Promis wollte man schon immer mal sehen.

Gülcan, Becker, Buster – wer kommt als nächste(r) dran? Wann dürfen wir endlich Eva Herman beim Kartoffelschälen beobachten? Heinz Rudolf Kunze beim Skat? Jörg Pilawa beim Sex? Welcher Sender überträgt nicht nur die Vorbereitungen von »Gülcans Traumhochzeit«, sondern auch »Gülcans Hochzeitsnacht« – live und gut ausgeleuchtet? Wann dürfen wir Zeuge sein, wie David Beckham ein Buch liest und dabei Seite für Seite umblättert? Und ist es nicht an der Zeit, die Öffentlichkeit darüber aufzuklären, mit welchem Finger sich Mark Medlock in der Nase bohrt?

Aber im Ernst: Wer will denn sowas sehen? Wie Kamps junior einen Fertigkuchen »backt«. Wie Barbara Becker mit Noah Gabriel Tischtennis spielt. Oder wie es bei Dolly Buster im Schlafzimmer aussieht. Ist das alles, was das Privatfernsehen zu bieten hat?