Aus: Ausgabe vom 07.07.2007, Seite 16 / Aktion
Neues wagen
Von Dietmar KoschmiederDreh- und Angelpunkt: Abos
Wie kommt es nun zu diesem Ergebnis? Die wichtigste ökonomische Größe ist die Zahl der bezahlten Abonnements. Und die steigt seit etwa Mitte 2005, im Gegensatz zu den vergangenen Jahren, in denen sie zunächst ständig abnahm (1990 bis 1999), dann stabil war (2000 bis 2005). Solche Trends ändern sich nicht von heute auf morgen, daher sorgt diese Entwicklung auch für eine gewisse Sicherheit. Allerdings wächst der Abobestand noch nicht mit der Dynamik, die wünschenswert und nötig wäre. Der Kampf um zusätzliche bezahlte Abonnements im Bereich Print und Internet bleibt deshalb zentrale Aufgabe. Die Umsätze in den Bereichen Einzelverkauf (Kiosk), Anzeigengeschäft und Shop wachsen hingegen besonders stark, wobei vor allem der Kioskverkauf herausragt. Im Gegensatz zu allen anderen überregionalen Tageszeitungen können wir seit dem Relaunch im September 2004 in jedem Jahr einen zweistelligen prozentualen Zuwachs verzeichnen. Und da der Kioskverkauf immer auch ein Indikator für die künftige Aboentwicklung ist, zeigt auch dieser Fakt, daß wir uns gute Ausgangsbedingungen erkämpft haben. Zur Stabilisierung trägt auch die erfreuliche Entwicklung unserer Genossenschaft bei: Die Bereitschaft, Anteile zu zeichnen, nimmt nicht ab, wie manche befürchteten, sondern mit wachsender Bekanntheit der Zeitung sogar zu: So viele Anteile wie im ersten Halbjahr 2007 haben wir noch in keinem vergleichbaren Halbjahr gezeichnet bekommen.Für diesen Erfolg ist unser kontinuierliches, inhaltlich konsequentes und ökonomisch klares Handeln in Verlag, Redaktion und Genossenschaft verantwortlich. Zum Erfolg tragen auch externe Faktoren bei. Zum einen ist das die Zunahme der offen erkennbaren Widersprüche in den gesellschaftlichen Verhältnissen. Immer mehr Menschen wollen eine reale Beschreibung und Analyse der real existierenden kapitalistischen Verhältnisse – und sind auf der Suche nach einer Alternative zu diesem System. Die junge Welt ist dabei ein zuverlässiger Partner. Zum anderen ist das aber auch das offensichtliche Versagen des bürgerlichen Journalismus, der immer unempfindlicher gegenüber den zunehmenden Grundrechtsverletzungen wie auch der wachsenden Kriegstreiberei wird. Insofern ist unsere Stärke auch durch die Schwäche der anderen bedingt.
Stabilität schafft Spielräume
Das reicht auf Dauer aber nicht aus: Die junge Welt kann und muß besser werden. Sie muß neue Chancen aufspüren und sie nutzen. Ohne Zweifel gibt es auch bei uns eine Reihe herkömmlicher Probleme, die mit der Art der täglichen Produktion und mit einer spezifischen Form von Betriebsblindheit zusammenhängen. Diese erschweren auch das Erkennen und Aufarbeiten von Fehlern. Und das Umsetzen von neuen Möglichkeiten. Zu letzteren gehört die Weiterentwicklung unseres Internetauftrittes. Spannend ist dabei die für uns im Zusammenhang mit unseren G-8-Aktivitäten gemachte neue Erfahrung, daß sich mit neuen Anforderungen im Internetauftritt auch unser Printprodukt bzw. die Organisation der redaktionellen Arbeit verändern wird. Eine spannende Herausforderung.Um dieser gerecht zu werden, braucht es ökonomische Stabilität auch in Zukunft. Sie bringt Sicherheit und eröffnet neue Handlungsspielräume. Deshalb bleibt es zunächst zentrale Aufgabe, daß wir unsere aktuelle Kampagne, mit der wir 3600 neue Abos gewinnen wollen, erfolgreich abschließen. Und deshalb kämpfen wir weiter für die Stärkung unserer Genossenschaft: Mit 684 Genossinnen und Genossen erreichen wir bisher nur einen Bruchteil unserer ständigen Leserinnen und Leser. Mehr Mitglieder in der Genossenschaft und mehr Anteile sorgen nicht nur für ökonomische Unabhängigkeit: Mit einer starken Genossenschaft im Hintergrund können wir Angriffen trotzen, aber vor allem auch Neues wagen. Die Zeit ist reif dafür.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!