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Aus: Ausgabe vom 30.10.2007, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft

Stichwort Recht: Gehaltsanspruch

Ich habe ein Arbeitsverhältnis mit 40 Wochenstunden. Mein Arbeitgeber hat mir erklärt, daß er mich aufgrund Auftragsmangels derzeit nur 30 Wochenstunden beschäftigen könne. Habe ich Anspruch auf mein volles Gehalt?

Für den Fall, daß der Arbeitgeber im Ausgangsfall das Arbeitsverhältnis nur auf Grundlage der geleisteten 30 Wochenstunden abrechnet, befindet er sich in bezug auf den Gehaltsanspruch des Arbeitnehmers hinsichtlich der restlichen zehn Wochenstunden im sogenannten Annahmeverzug. Das heißt, der Arbeitnehmer kann grundsätzlich auch für nicht geleistete Dienste Gehaltsanspruch geltend machen. Vorraussetzung dafür ist ein bestehendes Arbeitsverhältnis, das Angebot des zur Leistung Verpflichteten und dessen Leistungsfähigkeit. Bei Kündigungsschutzprozessen ist der Bestand des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der Kündigungsfrist zweifelhaft, da zwischen den Arbeitsvertragsparteien gerade streitig ist, ob die ausgesprochene Kündigung Bestand hat oder nicht. Erhebt der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage, so ist darin ein wirksames Angebot an den Arbeitgeber zu sehen, die Arbeitsleistung erbringen zu wollen. Nach rechtskräftigem Obsiegen des Arbeitnehmers ist der Arbeitgeber dann grundsätzlich verpflichtet, das Gehalt für den Zeitraum nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Urteil zu zahlen, wobei das zwischenzeitlich bezogene Arbeitslosengeld an die Bundesagentur für Arbeit (BA) abgeführt wird. Außerhalb von Kündigungsschutzprozessen muß das Angebot grundsätzlich durch den Arbeitnehmer mündlich in eigener Person zur rechten Zeit und am rechten Ort erfolgen. Dies ist jedoch dann nicht erforderlich, wenn der Arbeitgeber durch eine ablehnende Erklärung klar zu verstehen gibt, daß er nicht gewillt ist, die angebotene Arbeitsleistung anzunehmen. Wirksam ist ein Angebot auch nur dann, wenn Leistungsfähigkeit besteht, was beispielsweise bei Arbeitsunfähigkeit nicht der Fall ist. Deswegen muß ein Beschäftigter nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit unverzüglich seine Arbeitskraft anbieten. Während der Dauer des Annahmeverzuges darf es der Arbeitnehmer nicht böswillig unterlassen, zumutbare Arbeit anzunehmen.

Lutz Seybold, Fachanwalt für Arbeitsrecht

An dieser Stelle beantworten Experten der Berliner Anwaltskanzlei »Potsdamer Straße 99« regelmäßig arbeits- und sozialrechtliche Fragen

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