Aus: Ausgabe vom 06.11.2007, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
Lesetips
Kurzfristiges Gewinninteresse
Mit den Umbrüchen, die das bundesdeutsche Beschäftigungsmodell derzeit durchmacht, setzen sich zwei wissenschaftliche Texte auseinander, die in der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie erschienen sind. Ein Beitrag von Gerhard Bosch in der Juni-Ausgabe kommt zu dem Schluß, daß die »qualifikationsbasierte Qualitätsproduktion«, die nach wie vor den Kern des »deutschen Modells« bilde, durch das kurzfristige Gewinninteresse von Finanzinvestoren beschädigt werde. »Der Trend zur Finanzialisierung macht das Kapital ›ungeduldig‹ und untergräbt auf Langfristigkeit angelegte Institutionen wie die Systeme der Berufsbildung und der industriellen Beziehungen.« Statt sich dieser Entwicklung zu widersetzen, verstärke die aktuelle Regierungspolitik diese noch, kritisiert Bosch. Bezogen auf das Tarifvertragssystem machen sich diese »Erosionstendenzen« dem Wissenschaftler zufolge im Rückgang der Tarifbindung, den Mitgliederverlusten von Gewerkschaften und Unternehmerverbänden sowie in einer Abnahme der Prägekraft von Tarifverträgen bemerkbar.Folge dieser Veränderungen ist nicht nur beispielsweise die Ausweitung prekärer Beschäftigung, sondern auch die Tatsache, daß ein Teil der Menschen in klassischen »Normalarbeitsverhältnissen«, also der unbefristet und in Vollzeit angestellten, als arm gilt. Das machen Hans-Jürgen Andreß und Till Seeck in einer in der September-Ausgabe der Zeitschrift veröffentlichten Untersuchung deutlich. Demnach verdienten 2004 in Westdeutschland 2,5 Prozent und im Osten gar 8,2 Prozent der Vollzeiterwerbstätigen einen monatlichen Nettolohn von 700 Euro oder weniger. Hierin sehen die Autoren ein »deutliches Signal für zunehmende Armutsrisiken im Zentrum des Arbeitsmarktes«.
Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 2/2007 und 3/2007. Wiesbaden, VS Verlag für Sozialwissenschaften
Schneller Überblick
Einen schnellen und verständlichen Überblick über die Inhalte des Betriebsverfassungsgesetzes möchte das im Bund-Verlag erschienene Buch »Betriebsverfassungsgesetz verstehen und anwenden« geben. Neben dem Gesetzestext finden sich kurze Erläuterungen, die Beschäftigtenvertretern in der betrieblichen Alltagsarbeit sicher eine Hilfe sind. Das Buch dient der raschen Orientierung und hat nicht den Anspruch, ausführliche Kommentierungen des Gesetzes zu ersetzen.Wolfgang Fricke u. a.: Betriebsverfassungsgesetz verstehen und anwenden. Klare Sicht für Betriebsräte. Frankfurt/Main, Bund-Verlag 2007
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