Aus: Ausgabe vom 21.11.2007, Seite 3 / Schwerpunkt
Hintergrund: Gegenwehr, offen und versteckt
Gegenwehr kündigen mittlerweile Hartz-IV-Gegner in Internetforen an. Hinter der Seite hartzboykott.de steckt der ALG-II-Empfänger Ingmar Wengel. Auf der Webseite wird zu einem Solidaritäts- und Warnstreik am 2. Januar 2008 aufgefordert. »Schluß mit Zwangsarbeit und Subventionsbetrug« heißt das Motto. Ingmar Wengel und andere wollen auf diese Weise deutlich machen: Ein-Euro-Jobber und die Beschäftigten in Maßnahmen des sogenannten dritten Arbeitsmarktes, in sogenannten Entgeltvarianten, sind keineswegs nur »zusätzlich« tätig. Wengel mutmaßt, in einigen Grünflächenämtern und anderswo könne es richtig auffallen, daß hier keineswegs nur verzichtbare Arbeit geleistet wird.
Subtiler gestaltet sich der Widerstand im Inneren des ALG-II-Apparats. Einige der persönlichen Ansprechpartnerinnen (PAPs) haben wenig Lust, ihr Gegenüber zu demütigen. Beispielsweise Arbeitssuchende mit zunehmend unzumutbareren Jobs und Sanktionen zu quälen, berichtet eine Sachbearbeiterin, die anonym bleiben will. PAPs melden sich deshalb häufiger krank, die Fluktuation in einigen Jobcentern sei groß. Denn man muß ja erst seine Skrupel verloren haben, um etwa das »Einleiten von Sanktionsmaßnahmen nach Paragraf 31/32 SGB II in Kooperation mit dem Leistungsbereich« zu vollziehen, wie es im »Jobprofil« heißt.
Die Fähigkeit, »Klienten« besondere Härten zuzumuten, sei bereits in Bewerbungsgesprächen Hauptauswahlkriterium. Das berichtet eine Sozialarbeiterin, die ein Stellenangebot als PAP bekam. Eine Art Gesinnungsprüfung werde vollzogen, konstatiert sie. Ob man sadistisch genug ist, Strafmaßnahmen wirklich durchzuziehen: Etwa wenn ein Klient Billiglohnjobs mit dezenten Formulierungen »Ich kann dies nicht, ich kann das nicht« in Bewerbungsschreiben ablehnt, 20 Prozent zu kürzen. Oder: Wie ist jemand dazu zu bringen, zwei Stunden Anfahrtweg zum Arbeitsplatz zu akzeptieren? Oder gar einen Ortswechsel für einen miesen Job in Kauf zu nehmen. »Zuviel sozialarbeiterischer Hintergrund« werde als Einstellungshinderungsgrund gewertet.
(düp)
Subtiler gestaltet sich der Widerstand im Inneren des ALG-II-Apparats. Einige der persönlichen Ansprechpartnerinnen (PAPs) haben wenig Lust, ihr Gegenüber zu demütigen. Beispielsweise Arbeitssuchende mit zunehmend unzumutbareren Jobs und Sanktionen zu quälen, berichtet eine Sachbearbeiterin, die anonym bleiben will. PAPs melden sich deshalb häufiger krank, die Fluktuation in einigen Jobcentern sei groß. Denn man muß ja erst seine Skrupel verloren haben, um etwa das »Einleiten von Sanktionsmaßnahmen nach Paragraf 31/32 SGB II in Kooperation mit dem Leistungsbereich« zu vollziehen, wie es im »Jobprofil« heißt.
Die Fähigkeit, »Klienten« besondere Härten zuzumuten, sei bereits in Bewerbungsgesprächen Hauptauswahlkriterium. Das berichtet eine Sozialarbeiterin, die ein Stellenangebot als PAP bekam. Eine Art Gesinnungsprüfung werde vollzogen, konstatiert sie. Ob man sadistisch genug ist, Strafmaßnahmen wirklich durchzuziehen: Etwa wenn ein Klient Billiglohnjobs mit dezenten Formulierungen »Ich kann dies nicht, ich kann das nicht« in Bewerbungsschreiben ablehnt, 20 Prozent zu kürzen. Oder: Wie ist jemand dazu zu bringen, zwei Stunden Anfahrtweg zum Arbeitsplatz zu akzeptieren? Oder gar einen Ortswechsel für einen miesen Job in Kauf zu nehmen. »Zuviel sozialarbeiterischer Hintergrund« werde als Einstellungshinderungsgrund gewertet.
(düp)
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