Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: trikont, Beilage der jW vom 05.09.2007

Welche Revolution?

Befreiung heute – Afrika, Asien und Lateinamerika im vierten Jahrzehnt nach dem historischen Sieg Vietnams über das Imperium
Von Gerd Schumann
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Vietnam-Kongreß, Februar 1968. »Die Pflicht eines jeden Revolutionärs ist es, die Revolution zu machen.« Seltsam fern, wie aus einer anderen Welt stammend, mutet die Losung an, heute, bald vierzig Jahre danach. Sie erzählt davon, daß die westdeutschen Akteure der Jugendrevolte in den Metropolen des Imperialismus, die später »Achtundsechziger« genannt werden sollten, erstmals den Pulsschlag der Geschichte spüren. Vorbei die Zeit des gesellschaftlichen Stillstands – so scheint es. Und so war es. Vietnam steht hierfür bis heute. Erst jüngst, als er wieder einmal mehr Kanonen für seinen Antiterrorkrieg verlangte, beschwor George W. Bush die historischen US-Niederlage am Mekong, die sich nicht wiederholen dürfe.

Trotzdem hat sich der Wind gedreht. Er bläst nun von West nach Ost und von Nord nach Süd. Das Wetter wird in Washington gemacht, das weltpolitische Klima vom Weißen Haus bestimmt. Die katastrophalen Auswirkungen des Unilateralismus zeigen sich nicht erst seit dem 11. September 2001, dem Signal für eine bisher in der Menschheitsgeschichte einmalige Kriegserklärung. George W. Bushs Drohung an die Welt, jederzeit an jedem Ort der Erde zu intervenieren, wenn er dieses für notwendig erachtet, setzte an die Stelle des Völkerrechts das Recht des Stärksten. Dieser tut alles dafür, damit niemand an der für die Durchsetzung seiner Interessen komfortablen Ausgangslage rüttelt.

Das Ende der Bipolarität veränderte auch das Gesicht des Trikont. Weite Teile Afrikas schienen nach 1990, als sich der europäische Realsozialismus sang- und klanglos von der Bühne der Weltgeschichte verabschiedet hatte, zunächst weitgehend uninteressant geworden zu sein– geostrategisch und ökonomisch. Die Ausplünderung des Kontinents erledigten nun mit Waffen und Geld gut ausgestattete Stellvertreter internationaler Kapitalgruppen. Die bürgerkriegsartigen Szenarien entstanden so unter direkter oder indirekter Betreuung des Westens.

Erst um die Jahrtausendwende, als die Gier nach Energiequellen neue Dimensionen erreichte, tauchte Afrika wieder auf der Agenda des Westens auf. Militärische Maßnahmen zur angeblichen Befriedung der diversen Schatzkammern des schwarzen Kontinents erweisen sich von ihrem Wesen her als neokoloniale Verteilungskämpfe. Dabei stehen die 1885 in Berlin von den damaligen Kolonialmächten vorgenommenen Grenzziehungen zunehmend zur Disposition – am Horn von Afrika, im Dreieck Sudan-Tschad-Zentralafrika und in der Großen-Seen-Region. Die robusteren Nationalstaaten des Kontinents, vor allem Südafrika, auch im Maghreb, bemühen sich, dagegenzusteuern, stehen aber allesamt selbst vor großen, sozial bedingten Problemen: Der nach der Unabhängigkeit beschrittene Weg änderte nichts grundlegend an den Besitzverhältnissen.

Anders der Süden des amerikanischen Doppelkontinents. Der kubanische Sozialismus, zunächst vom Untergang bedroht, zeigt sich heute nach der schweren Krise ab 1990 einigermaßen erholt. Und: Der rote Leuchtturm in der Karibik steht nicht mehr allein da als Signalgeber einer gerechten Gesellschaft. Ein neues Selbstbewußtsein, der US-Hegemonie entgegenzutreten, prägt die lateinamerikanische Gegenwart, alle Welt redet von Venezuela und Bolivien, von Ecuador und Nicaragua, von anderen Ländern im Übergang. Der Entscheidungsspielraum für linke Politik auch auf Regierungsebene erweitert sich – eine Entwicklung, die sich zudem für Guerillabewegungen in von reaktionären, US-orientierten Regimen geführten Staaten im Süden des Doppelkontinents positiv auswirken könnte.

Derweil erschüttert die imperialistische Kriegspolitik im Nahen und Mittleren Osten die ölreichen Regionen des asiatischen Kontinents. Die Verzweiflung der betroffenen Völker zwischen Gazastreifen und Hindukusch wächst, die Arten des Widerstands entsprechen ihren Möglichkeiten. Der Kampf gegen die Fremdherrschaft ist häufig eher religiös denn sozial motiviert– sicherlich eine eher bittere Erkenntnis im neunzigsten Jahr der sozialistischen Oktoberrevolution. Die Berechtigung des Aufstands gegen die völkerrechtswidrige Besatzung indes tangiert sie nicht. Und daraus abgeleitet: Auch nicht die Notwendigkeit einer Internationalisierung des Kampfes gegen das Imperium und dessen Verbündete in den anderen Metropolen.

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