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Aus: trikont, Beilage der jW vom 10.09.2008

Der Kriegsverbrecher

Die fürchterliche Präsidentschaft des George W. Bush läuft ab. Ihre Bilanz des Grauens drängt zur Frage: Kommt der Mann ungeschoren davon?
Von Gerd Schumann
Bild 1

»Die Entfesselung eines Angriffskriegs ist das größte internationale Verbrechen, das sich von anderen Kriegsverbrechen nur dadurch unterscheidet, daß es in sich alle Schrecken vereinigt und anhäuft.«

(Aus der Urteilsbegründung des Nürnberger Kriegsverbrechertribunals)


Wer ist dieser Mann, der die ganzen Kriminellen anheuerte.
Die Schatten des Weißen Hauses, die sich hinter verschlossenen Türen verbergen.
Sie biegen die Fakten zurecht, bis sie zu ihren neuesten Geschichten passen.
Warum wir unsere Männer in den Krieg schicken sollen. (Neil Young, 2007)

Der Abgang des Präsidenten der USA steht bevor. Am Dienstag, den 4.November, wird ein Nachfolger gewählt, der dann am 20. Januar 2009 vereidigt werden soll. Aller Voraussicht nach kommt George W. Bush, der größte Kriegsverbrecher unserer Zeit, auf dessen Konto allein im besetzten Irak über eine Million Tote und ebenso viele Verletzte gehen, ungeschoren davon. »I did my job«, wird er zum Abschied bilanzieren – ja, er machte lediglich seinen Job. Das heißt, er und seine Neocons taten alles dafür, den USA ihre globale Führungsrolle zu sichern, wenn möglich, auszubauen, wenn nötig, militärisch. Das geschah. »Mission vollendet«, so der Oberkommandierende der US-Streitkräfte am 1. Mai 2003, dem virtuellen, also nicht wirklichen Kriegsende im Zweistromland.

Daß er irrte, verwunderte niemanden so recht. Der Präsident gilt zwar als ziemlich gläubig, ist aber nicht der Papst, also nicht Gottes Stellvertreter auf Erden. Er vertrat lediglich »God’s own ­country«, die Heimat der Tapferen und Freien, konsequent starrköpfig immer, ziemlich unbeholfen meistens. Performance war nicht sein Ding. Er wirkte stets natürlich. Das mag dazu beigetragen haben, daß er sich manches Mal – der Glaubwürdigkeit halber – von seriös auftretenden Personen vertreten ließ.

Wie an jenem schicksalhaften 5. Februar 2003, als das Management der Vereinten Nationen eigens für den Auftritt von US-Außenminister Colin Powell (2001-2005) Picassos Guernica-Gemälde mit Tüchern abdecken ließ: Es bewies sicheres Gespür dafür, daß Kunst gegen den Krieg und die Vorbereitung desselben nicht kompatibel sind. Powell erledigte den Job bestens, zeigte der Welt Saddams Massenvernichtungswaffen, ein guter Lügner seines Herrn.

Zielgenauer, »Shock and Awe« (Schrecken und Ehrfurcht) genannter Raketenterror erschuf in der Nacht vom 19. zum 20. März 2003 das Trümmerfeld Bagdad, taghell ausgeleuchtet für CNN, und setzte – nach Afghanistan 2001 – jenen unerträglichen Zustand eines niemals enden sollenden Kriegszustands fort, der jederzeit in jeden Zipfel der Erde vordringen könnte. Genauso hatte ihn der Präsident auf Ground Zero prophezeit.

Natürlich fehlt trotz alledem der Name George W. Bush auf jener schwarzen Liste von Politikern, denen Verbrechen im Amt vorgeworfen werden. Eingeführt während der Bushschen Präsidentschaft 2003 und unter anderem der Zerschlagung auch der letzten Überreste des ehemaligen Vielvölkerstaats Jugoslawien dienend, hat auf ihr kein Führer der westlichen Welt Platz.

Da bleiben Fragen ebensowenig aus wie Proteste. Als jüngst gegen Sudans Präsidenten Omar Al-Baschir Haftbefehl vor dem Internationalen Strafgerichtshof beantragt wurde, verwahrte sich ganz Afrika gegen die dreiste Einmischung und offensichtliche Parteinahme einer sich »neutral« nennenden internationalen Justiz. Auch die arabische Welt wunderte sich, wieso gerade Al-Baschir und nicht die sonstigen in Darfur, von den ehemaligen Kolonialisten gesponserten Beteiligten. Der britische Expremier Anthony Blair beispielsweise. Und Bush natürlich, der Völkermörder, der von »Völkermord« in Darfur redet.

Der fürchterliche Präsident, die Personifizierung eines Feindbildes, geht endlich. Am Anspruch, sich als verbliebene Supermacht zu behaupten, wird das Imperium festhalten. Und selbst einen als »charismatisch« vermarkteten Popstar wie Barack Obama wird es überfordern, diesen globalen Herrschaftsanspruch moderat zu vertreten.

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