Fünf hinter Gittern
Von Timo BergerErnesto »Che« Guevara wäre in diesem Jahr 80 Jahre alt geworden. Der gebürtige Argentinier kämpfte sein Leben lang für das Ideal einer gerechten Welt. Ob auf Kuba, im Kongo oder in Bolivien –sein größter Traum, wie seine älteste Tochter Aleida Guevara, die dieser Tage Deutschland besucht, im Interview erzählt, war es, den Funken der Revolution in sein Heimatland zu tragen. Doch dazu sollte es nicht kommen. Schon bald nach der kubanischen Revolution 1959 begann der mächtige Nachbar im Norden die souveräne Entwicklung der großen Antilleninsel mit allen Mittel zu blockieren: Einen sozialistischen Staat im vermeintlichen »eigenen Hinterhof« wollten die USA nicht dulden.
Vor mehr als 150 Jahren hatte die Monroe-Doktrin von 1823 die Marschrichtung vorgegeben: In der Folge waren sich die US-Regierungen nicht zu schade, in zahlreichen mittel- und südamerikanischen Staaten offen oder verdeckt zu intervenieren, diplomatische, ideelle, finanzielle oder logistische Unterstützung für Putschisten, konterrevolutionäre Paramilitärs oder Terrorgruppen zu leisten. Der kolumbianische Journalist Hernando Calvo Ospina zeichnet (Seite 3) die blutige Spur des Imperiums, unter denen neben der von der CIA gesteuerten Invasion in der kubanischen Schweinebucht von 1961, die Ermordung »Che« Guevaras 1967 in Bolivien und die Unterstützung der antisandinistischen Contra-Rebellen in Nicaragua in den 1980er Jahren hervorstechen. Jürgen Heiser widmet sich in seinem Beitrag (Seite 4) der berechtigten Frage, ob es in den USA entgegen dem offiziellen Diskurs doch politische Gefangene gibt.
Als politische Gefangene sehen sich auch die fünf Kubaner, die seit zehn Jahren in US-Haft sitzen. Seit über 40 Jahren geht vom Boden der USA Terrorismus gegen Kuba aus. Trauriger Höhepunkt war ein Attentat auf ein Flugzeug der »Cuabana de Aviación« 1976, das in der Luft explodierte und 73 Menschen in den Tod riß. Um weitere Anschläge zu verhindern, versuchten kubanische Aufklärer, in Miami ansässige exilkubanische Terrorgruppen zu unterwandern. Fünf von ihnen wurden im September 1998 in Miami festgenommen, weil sie auf Anweisung der kubanischen Regierung Teile ihrer Ermittlungstätigkeit den US-Behörden offengelegt hatten. Seitdem sitzen sie in US-Gefängnissen: Gerardo Hernández, Antonio Guerrero, Ramón Labañino, Fernando González und René González. 2001 wurden sie vor Gericht gestellt, die 26 Anklagepunkte reichten von Spionage über Verschwörung bis hin zu Mord.
In Urteilen erster Instanz wurden die fünf Kubaner zu außergewöhnlich hohen Strafen verurteilt: Gerardo Hernández erhielt zweimal lebenslänglich plus 15 Jahre, Antonio Guerrero lebenslänglich plus 10 Jahre, Ramón Labañino lebenslänglich plus 18 Jahre, Fernando González eine Gefängnisstrafe von 19 Jahren und René González eine Gefängnisstrafe von 15 Jahren.
Zwar sind mittlerweile die Strafmaße von dreien von ihnen aufgehoben und zur neuen Festlegung ans Gericht zurückverwiesen worden – das ändert jedoch nichts an der Tatsache, daß wir es hier mit einem Justizskandal sondergleichen zu tun haben. Der Prozeß ist nach Ansicht vieler Beobachter als »politische Justiz« zu werten. Zum zehnjährigen Jahrestag ihrer Festnahme zeichnen Dutzende namhafte lateinamerikanische Intellektuelle einen Aufruf zu ihrer sofortigen Freilassung (Seite 8).
Der Rechtsanwalt Eberhard Schultz faßt (Seite 5) den aktuellen Stand des Verfahrens gegen die Fünf zusammen und zeigt die nächsten Schritte der Verteidigung auf. René González (Seite 6) erläutert die Gründe, warum der Prozeß gegen ihn und seine vier Genossen in den USA von den meisten Medien totgeschwiegen wurde. Schließlich gibt Renate Fausten Auskunft (Seite 7) über die Aktivitäten der Kuba-Solidaritätsgruppen in Deutschland, und Dietmar Koschmieder schildert die Planungen für die nächste Teilnahme der junge Welt an der Buchmesse in Havanna im kommenden Februar. Die fünf Kubaner brauchen jetzt mehr denn je unsere Solidarität.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
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