Sie nannten ihn Isi
Wenn der Isi (von Isermann) beim Tischfußball antritt, sagen
seine alten Freunde ehrfürchtig »Der Isi ist ein
Zocker« und legen ihre letzten Scheine an den Spielfeldrand.
Selten hält jemand die Wetteinsätze. Das ist aber egal
für das, was dann passiert: Der Isi macht ein paar
Schusselfehler, bis die entscheidende Kugel auf den Tisch kommt.
Alle sind völlig verspannt. Dann läßt der Isi die
Kugel abtropfen. Das stellt sich als aufreizend lascher Schuß
heraus. Und sie kullert an den verblüfften
Verteidigermännchen vorbei ins Tor.
Alle möglichen Spiele beendet der Isi auf diese Art. Beim Skat
macht er den wichtigsten Stich mit der Sieben, die er also doch auf
der Hand hatte – er freut sich wie ein kleines Kind
darüber. Beim Billard hat er dem Fitch schon in der Schulzeit
so viele Zehner abgenommen, daß der Fitch irgendwann seine
Spielkonsole setzen mußte (seit der Isi die damals
tatsächlich einkassierte, gilt er als Zocker).
Und natürlich spielt der Isi auch super Fußball. In der
Jugend hat er ein paar Jahre lang ein bißchen Geld vom Verein
gekriegt. Er hätte gerne weitergemacht, auch wenn er es
– im erweiterten Sinn des Wortes – schwul findet,
daß man für den DFB-Kader heute mit 20 an der
Playstation gewinnen, mit 25 sein Fernstudium machen und mit 30 nur
noch an seinem Golfhandicap arbeiten muß.
Einmal im Leben dachte ich, ich hätte eine Chance gegen ihn,
im Tischtennis; er hatte die Nacht davor durchgezecht. Obwohl ich
im zweiten Satz an die zehn Matchbälle hatte, war meine
Niederlage am Ende deutlich. Ich mußte das auf den
psychologischen Faktor zurückführen. Dem Isi kommt dieser
Faktor seltsam vor, aber daß England und Holland im
Fußball nicht gegen Deutschland gewinnen können, meint
er, muß ja auch damit zu tun haben.
Bei der WM für Jungs 2010 wird es einen wie den Isi geben, der
soviel Spaß am Spielen hat, daß er darüber alles
andere vergißt. Und noch einen. Und mindestens noch einen
dritten. Es macht den Spaß dieser Jungs aus, daß sie
unbedingt gewinnen wollen (und keinesfalls müssen). Viele
haben ihn. Überall auf der Welt. Gerade beim Fußball.
Das – und sonst nichts Bestimmtes – zeigen die Bilder
in dieser Beilage.
In den Texten geht es vor allem um das Land Südafrika und die
Geschäfte, die die FIFA in diesen Tagen dort macht. Die im
engeren Sinne sportlichen Einwürfe in den grau unterlegten
Kästen kommen von Marek Lantz. Die letzte Seite sollten nur
Leute lesen, die den Ausgang des Turniers nicht abwarten
können.
(xre)
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