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Aus: medien, Beilage der jW vom 16.02.2011

Es wird täglich gelogen, was das Zeug hält

Die Mainstreammedien blamieren sich mit ihrer Berichterstattung bis auf die Knochen. Linke Alternativen müssen ausgebaut werden
Von Peter Wolter
Verteidigungsminister zu Guttenberg (CSU) im Gespräch mit Journa
Verteidigungsminister zu Guttenberg (CSU) im Gespräch mit Journalisten an Bord eines Luftwaffen-Airbus: Ein Foto, durchkomponiert wie eine Darstellung des Messias

Das waren fast noch goldene Zeiten, als Paul Sethe, Mitbegründer der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 1965 verkündete, Pressefreiheit sei lediglich die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten. Die Zahl dürfte heute auf ein gutes Dutzend einflußreicher Konzernlenker geschrumpft sein – wobei der Schulterschluß mit neoliberalen Politikern immer enger wird. Kein Wunder: So gut wie alle Medien sind kapitalistische Unternehmen, die nur eines im Sinn haben: Möglichst viel Geld in möglichst kurzer Zeit verdienen. Unter solchen Umständen ist es purer Luxus, sich um Bagatellen wie objektive Berichterstattung, Informationsbedürfnis der Leser oder demokratische Rechte zu kümmern.

Erst vor kurzem fegte ein Sturm der Empörung durch die deutschen Medien, als Linkspartei-Chefin Gesine Lötzsch in einem Beitrag in dieser Zeitung das Wort »Kommunismus« benutzte. Der Begriff allein reichte schon aus, um auf die Linkspartei einzuprügeln – kaum einer der Kommentatoren hatte sich die Mühe gemacht, den Beitrag auch nur zu lesen. Und so mancher von ihnen hätte sich lieber auf die Zunge gebissen, als in seiner indignierten Stellungnahme auch nur einmal die Quelle junge Welt zu erwähnen. »Bedingter Reflex« nennt sich ein solches Verhalten, das an die Pawlowschen Hunde erinnert: Ein Stichwort reicht aus, um erhöhten Speichelfluß auszulösen.

Auf welchem Niveau viele Medien in diesem Lande mittlerweile angekommen sind, zeigt sich auch bei anderen Themen: Ob Renten- oder Gesundheitssystem, Afghanistan-Krieg oder Export­überschüsse – es wird gelogen, was das Zeug hält. Es wäre allerdings ungerecht, jedem der daran beteiligten Journalisten einen persönlichen Vorwurf zu machen. Viele dieser Kolleginnen und Kollegen arbeiten unter Bedingungen, die ihnen kaum die Möglichkeit lassen, die eigene Arbeit selbstkritisch zu werten. Ein Glück jedenfalls, daß es in der BRD noch mediale Alternativen gibt, die nicht kapitalhörig sind: Drei kleinere Tageszeitungen (Neues Deutschland, taz, junge Welt) und einige weniger Bürgerradios. Hinzukommen kleinere Zeitschriften und zahlreiche Internet-Blogs.

Um Alternativen zu den Mainstream-medien geht es auch in dieser Beilage: Der langjährige dju-Vorsitzende Eckart Spoo skizziert einige Vorstellungen zur Forderung nach Demokratisierung der Medien, die schon seit Jahren erhoben, aber nie realisiert wurde. Diese Forderungen decken sich übrigens weitgehend mit den Vorstellungen der Linkspartei. Daß Journalismus lernbar ist, kann man dem Beitrag über die Linke Medienakademie (LiMa) entnehmen, die vom 9.–13. März in Berlin stattfindet. Auch jW-Redakteure bieten dort Seminare an. Themen: Verständliches Formulieren, Gewerkschaftsberichterstattung, Geschichte der Propaganda sowie »political correctness«. Näheres kann dem Programm der LiMa entnommen werden.

Wie man ein Internetradio gründet und betreibt, kann man einem Interview mit studentischen Radiomachern entnehmen– vielleicht läßt sich der eine oder andere Linke davon anregen. Hinzu kommen Buchrezensionen, Berichte über Nachrichtenagenturen und Pressesprecher sowie eine Glosse über freie Journalisten.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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