Rettet das Buch!
Von Thomas Wagner»Amazon ist ein widerlicher Monopolist.« Treffender als die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff es am 21. September in der taz tat, kann der weltweit agierende US-Konzern kaum charakterisiert werden. Die Büchnerpreisträgerin des Jahres 2013 sah sich unlängst selbst dazu genötigt, dort zu bestellen, »weil in Italien der Buchhandel nicht mehr normal funktioniert, die Läden reihenweise eingegangen sind – eben wegen Amazon«. Am meisten empöre sie, daß auch Leute ihrer Generation, »die in jungen Jahren lauthals gegen den Monopolkapitalismus gekräht haben, ungeniert bei einem Monopolisten bestellen und dabei überhaupt kein Problem haben.« Dabei ist die Gefahr kaum zu übersehen, daß mit den Buchläden sowie den auf Gedeih und Verderb mit ihnen verbundenen linken Kleinverlagen unverzichtbare Strukturen einer aufgeklärten Öffentlichkeit wegzubrechen drohen. Für den Literaturredakteur dieser Zeitung ist das Grund genug, die bedrohliche Entwicklung zum Schwerpunktthema dieser Beilage zur Frankfurter Buchmesse zu machen. Einige der profiliertesten Kritiker der kapitalistischen Monopolisierung des Buchmarktes im digitalen Zeitalter konnten als Autoren und Gesprächspartner gewonnen werden.
So erläutert der Literatur- und Editionswissenschaftler Roland Reuß, was die elektronische Speicherung und Verarbeitung des Lesestoffs mit Herrschaft zu tun hat. Der Bibliothekshistoriker Uwe Jochum wiederum erklärt, warum die Digitalisierung der Bibliotheksbestände unter neoliberalen Vorzeichen der Selbstabschaffung einer kulturellen Institution gleichkommt.
Selbstverständlich ist auch diese Beilage wieder bis zum Rand gefüllt mit dem, was die Leserinnen und Leser von ihr erwarten. Da sind zum einen spannende Interviews aus dem literarischen Leben, so mit Daniela Dahn und den Herausgeberinnen einer neuen Thomas-Brasch-Ausgabe. Außerdem gibt es wie in den vergangenen Jahren auch diesmal wieder: Rezensionen, Rezensionen, Rezensionen. Die Fotostrecke dieser Beilage dokumentiert den bemerkenswerten Versuch, einen bedeutenden Teil der Buchkultur hierzulande zu »retten«: die Peter-Sodann-Bibliothek im sächsischen Staucha. Was der aus vielen Theater-, Film- und Fernsehrollen bekannte Schauspieler seit über zwanzig Jahren unternimmt, um die beachtlichen Leistungen der DDR-Verlage vor der Vernichtung und dem Vergessen zu bewahren, erklärt er am kommenden Sonnabend ausführlich im Gespräch mit dieser Zeitung. Wer schon jetzt neugierig ist, sei vorläufig auf die Internetpräsenz seines Vereins verwiesen. Geld- und Sachspenden sind ausdrücklich erwünscht: www.psb-staucha.de
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
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