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Aus: Staat und Gewalt, Beilage der jW vom 02.07.2014

Die Kluft wird immer größer

Soziale Widersprüche wachsen, Polizeibehörden rüsten auf. Justiz spielt munter mit
Von Peter Wolter
Polizeigewalt in Berlin: Beamte fallen über einen Demonstranten
Polizeigewalt in Berlin: Beamte fallen über einen Demonstranten her, der gegen die Räumung der von ­Flüchtlingen besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule protestierte (27. Juni)

Für den US-Milliardär Nick Hanauer steht der Aufstand der Armen bevor: In einem jetzt in den USA veröffentlichen offenen Brief mahnt der Mitbegründer von Amazon seine »Mitplutokraten«, die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößere sich mit Riesenschritten. »Wenn wir unsere Politik nicht einschneidend ändern, wird die Mittelklasse verschwinden, und wir finden uns wieder am Ende des 18. Jahrhunderts in Frankreich. Vor der Revolution.«

»Wacht auf, Leute, es wird nicht mehr lange dauern!« heißt es weiter in dem per Internet verbreiteten Schreiben. »Bevor ihr es richtig merkt, steht das Land in Flammen. Dann bleibt uns keine Zeit mehr, zum Flughafen zu kommen und per Privatjet nach Neuseeland zu flüchten.« Hanauer hat wohl recht, es könnte für ihn und seinesgleichen eng werden.

Milliardären wie ihm geht es aber eher nicht um Humanismus. Sie treibt vielmehr die Sorge um, daß es eines Tages mit einem Luxusleben vorbei sein könnte, »das sich die anderen 99,99 Prozent der Amerikaner nicht einmal vorstellen können«. Irgendwann, schwant es Hanauer, wird der Knoten platzen: »Zeig mir eine sehr ungleiche Gesellschaft, und ich zeige dir einen Polizeistaat oder einen Aufstand. Es gibt keine Gegenbeispiele, kein einziges. Die Frage ist nicht ob, sondern wann.«

Daß ein »Aufstand der Mistgabeln« (Hanauer) droht, wissen auch die Polizeibehörden der EU-Staaten und anderer kapitalistischer Länder. Um Leute wie Hanauer & Co. zu schützen, wird aufgerüstet: Da wird am Demonstrations- und Streikrecht herumgeschraubt, die Polizei setzt Drohnen ein, das Internet wird von zig Behörden und nicht zuletzt vom US-Geheimdienst überwacht.

Auch die Justiz spielt mit: Schuldig sind in der Regel Demonstranten oder Streikende, Anzeigen gegen Polizisten werden – zumindest in Deutschland – gerne mit Gegenanzeigen wegen »Verleumdung« oder »Widerstandes gegen die Staatsgewalt« beantwortet. Stehen Polizisten doch einmal als Zeugen vor Gericht, kann man getrost von der Volksweisheit ausgehen, daß eine Krähe der anderen kein Auge aushackt.

Einige der genannten Aspekte werden auch in der vorliegenden jW-Beilage »Staat & Gewalt« aufgegriffen. Bodo Ramelow, möglicherweise nach der Wahl im September neuer Ministerpräsident Thüringens, gibt einen Überblick über die Bespitzelung der Linkspartei durch die Verfassungsschutzämter (Seite 2). Auf Seite 3 folgt ein Interview mit dem Kriminalbiologen Mark Benecke, dem Bundespolizisten gründlich die Lust ausgetrieben haben, sie an deren Fachhochschule weiterhin in Sachen Forensik zu unterrichten.

»Der Kampf um das Demorecht beginnt auf der Straße« ist ein Interview mit Elke Steven vom Grundrechtekomitee überschrieben. Sie schildert darin (Seite 4), wie engagierte Juristen versuchen, der Polizei bei ihren Einsätzen gegen Demonstranten auf die Finger zu schauen. Das Schicksal Tausender Bootsflüchtlinge steht im Zentrum eines Beitrages von Ulla Jelpke, der innenpolitischen Sprecherin der Linksfraktion (Seite 5). Sie konzentriert sich darin auf FRONTEX, die Flüchtlingsabwehrorganisation der EU. Auf der folgenden Seite schildert dieselbe Autorin, wie die Polizeistatistik die Öffentlichkeit in die Irre führt.

Den Abschluß bilden ein Bericht von Markus Bernhardt (Seite 7) über die Schießwut von Polizisten sowie ein Beitrag über eine Neuentwicklung, die auch deutsche Polizeiführer begeistern dürfte: Drohnen, die Gummigeschosse, Farb- oder Reizgaskugeln auf Demonstranten verschießen können.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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