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Aus: Gewerkschaften, Beilage der jW vom 24.09.2014

Gemeinsames Vorgehen

Die Gewerkschaften haben dem Klassenkampf von oben wenig entgegenzusetzen. Grenzüberschreitende Organisation fehlt als Gegenkraft zu multinationalen Konzernen
Von Roland Zschächner
Kämpferische Mitarbeiter: Immer wieder hat die Gewerkschaft ver.
Kämpferische Mitarbeiter: Immer wieder hat die Gewerkschaft ver.di in den vergangenen ­Monaten die Beschäftigten beim Internetversandhändler Amazon zum Streik aufgerufen (Bad Hersfeld, 22.9.2014)

Die deutschen Gewerkschaften sind in einer Zwickmühle. Allem Anschein nach prosperiert die Wirtschaft in der Bundesrepublik. Ab 2015 gilt der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Doch der Klassenkampf von oben wird unvermindert fortgesetzt. Nicht erst seit der Durchsetzung der Agenda 2010 der rot-grünen Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) ist die Rolle der Gewerkschaften als organisierte Kraft der Arbeiterschaft geschwächt. Das hoch gelobte deutsche »Jobwunder« ist vorwiegend dem Anstieg von »Minijobs«, befristeten bzw. geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen sowie Leiharbeit geschuldet. Die Zahl von offiziell rund 1,3 Millionen sogenannten Aufstockern verdeutlicht diesen Trend. Sie müssen, um überleben zu können, ihren Lohn mit Hartz-IV-Leistungen aufbessern.

Eine gemeinsame Antwort der Gewerkschaften auf die Angriffe des Kapitals blieb bisher aus. Die Ursachen dafür sind unterschiedlich. Daß sich etwas verändern muß, ist vielen Ehrenamtlichen und Funktionären bewußt. Vor allem weil Firmen immer aggressiver gegen Mitarbeiter und Beschäftigtenvertreter vorgehen. So ist »Union Busting« zu einer lukrativen Einnahmequelle für Juristen geworden. Elmar Wigand zeigt auf Seite 2, wie dieses Geschäftsmodell funktioniert und wer davon profitiert.

Gewerkschaftliche Auseinandersetzungen müssen über die nationalstaatlichen Grenzen hinweg geführt werden. Gemeinsame Aktionen zur Verteidigung von Arbeitsrechten oder zur Durchsetzung von Lohnansprüchen blieben bisher weitgehend aus. Claudia Wrobel beschreibt in ihrem Beitrag am Beispiel Amazon, wie ein Unternehmen aggressiv gegen die Belegschaft vorgeht. Dabei nutzt Amazon die durch die EU gegebenen Möglichkeit, sich im Ausland anzusiedeln und trotzdem weiter den deutschen Markt zu beliefern. Mit neueröffneten Versandzentren in Tschechien und Polen entzieht sich der Konzern den Versuchen der Gewerkschaft, die Belegschaft zu organisieren.

Anders ist die Situation bei Volkswagen. Der Organisationsgrad der Belegschaft ist hoch. Mit einem Weltkonzernbetriebsrat gibt es auch eine entsprechende institutionalisierte Beschäftigungsvertretung. Doch im VW-Werk in Chattanooga wird von Management und konservativen Politikern versucht, jegliche Form der Mitbestimmung zu verhindern. Nunmehr macht sich die US-Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) für das deutsche Modell stark, wie Clemens Wagner auf Seite 8 berichtet. Sie erhält dabei Unterstützung von der IG Metall, die damit auch ihre Vormachtstellung in den internationalen Gremien zu untermauern versucht.

Mit verschiedenen Modellen versuchen die deutschen Gewerkschaften, neue Mitglieder zu gewinnen. Wie erfolgreich diese Bemühungen sind, zeigt sich letztlich in der konkreten Auseinandersetzung. Sind die Kollegen bereit, für mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen? Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, war früher ver.di-Funktionär im kämpferischen Bezirk Stuttgart. Er erläutert im Interview mit Daniel Behruzi auf Seite 4, wie neue Formen des Streiks erlernt werden und welche Verbindung es zwischen der Politik der Linken und der Gewerkschaften gibt.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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