Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Alternatives Reisen, Beilage der jW vom 04.03.2015

Macht, Liebe!

Vorsicht zerbrechlich: Die Suche nach dem Glück endet nie. Anregungen zur praktischen Weltanschauung
Von Peter Steiniger
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Reich bebildert: Die Fotos dieser Beilage zeigen Werbetafeln weltweit, die dazu dienen, Träume und Wünsche zu wecken

Es gibt kein Entrinnen. Alle Orte und Wege unseres Alltags sind bebildert mit den großartigsten Glücksversprechungen. Wie die Fotos dieser Beilage zeigen, scheinen sie den Menschen zu überragen. Immer fehlt uns noch das Beste, stets sind wir am falschen Ort. Der mächtigste Botschafter des käuflichen Glücks ist die Tourismusindustrie, längst der größte Amüsierbetrieb der Welt. Dabei ist das massenhafte Reisen nur so zum Spaß ein recht junges Phänomen. Vordem diente es höheren Zwecken, etwa Kreuzzügen oder dem Pilgern für das Seelenheil. Für viele blieb der Krieg das einzige »Abenteuer« in der Ferne. Die arbeitenden Menschen mussten sich ohnehin meist mit anderen Sorgen als dem Füllen von Freizeit mühen. Erst mit erkämpften sozialen Rechten, modernen Verkehrsmitteln und einem breiten Wohlstand begann in den industriell entwickelten Ländern der Boom der modernen Urlaubsreise. Was hier heute selbstverständlich scheint, ist für Milliarden Menschen, denen weit mehr Menschenrechte als die auf Urlaub, Erholung und Freizeit vorenthalten werden, noch ein exotisches Schauspiel. Nicht anders, als es im frühen 19. Jahrhunderts für Habenichtse eine Kutsche mit Leuten der feinen Gesellschaft auf dem Weg zu einem norddeutschen Seebad war.

In Massen unterwegs sind Menschen auf Reisen ohne Wiederkehr. Krieg ist weiter Mittel der Politik, zwingt Millionen zur Flucht. Eisberge voraus, doch unsere Kapelle spielt weiter. »Wo Geld vorangeht, sind alle Wege offen.«, wusste schon William Shakespeare, lange bevor es eine EU gab. Arme ersaufen, Reiche können sich mit »goldenen Visa« ins Schengen-Reich einkaufen. Von dessen Freuden ausgeschlossen bleiben auch viele innerhalb der Wohlstandsinseln. Das gute Leben hier ist zerbrechlich und »not inclusive« für diejenigen, welche die Zeche für außer Kontrolle gebrachte Finanzmärkte zu zahlen haben. Auch in Deutschland, viertreichstes Land der Welt, sind immer mehr als arm abgehängt. Wer kann, hat es eilig damit, die schönen Plätze zu besuchen. Wir müssen vor uns Menschen dort sein: Nachhaltig sind vor allem die Zerstörungen, die der Hunger nach Profit verursacht. Alle fünf Jahre verschwindet allein Regenwald fast in der Größe Deutschlands.

Nun auf die lichte Seite. Schließlich ist Reisen nicht nur eine Flucht vor miesem Wetter, sondern auch vor schlechten Nachrichten. Es gibt Alternativen zu den Rund-um-sorglos-Inszenierungen einer Industrie, die Verbraucher mit Big Data unter die Lupe nimmt, um »Performances« und »Conversion« – frag mich nicht – zu optimieren. Auch diese Münze hat zwei Seiten. Auf welche sie fällt, entscheiden Sie mit. Tourismus kann und muss etwas leisten für die lokale Bevölkerung, für gute Arbeit, für Umweltschutz und kulturelles Leben. Die Macht der geschönten Bilder rührt an echte menschliche Sehnsüchte. »Das Glück hat viele Gesichter«, schreibt José Saramago, »das Reisen ist wahrscheinlich eines davon.« Ein Glück, das allen zustünde. Unsere Autoren möchten Anregungen geben zum Reisen mit offenen Augen, mit unverstelltem Blick. Für ein Reisen, das eine Liebeserklärung an die doch vorhandene Schönheit unserer Welt ist. In diesem Sinne: Macht Liebe!

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!