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Aus: Jugend & Bildung, Beilage der jW vom 28.10.2015

Not for Sale

Bildung soll keine Ware sein, sondern ein Recht. Als solches bleibt sie wohl in den nächsten Jahren umkämpft
Von Simon Zeise und Claudia Wangerin
Mit dem Ende einer übergroßen Bleistiftattrappe wollte dieser St
Mit dem Ende einer übergroßen Bleistiftattrappe wollte dieser Student bei Protesten in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá Polizeigewalt symbolisch ausradieren (Aufnahme vom 10. November 2011)

Marktgerechtes Lernen und Bildung als Ware – ist das die Zukunft? Das Freihandelsabkommen TTIP lässt mindestens eine Verfestigung dieses Trends befürchten: Selbst wenn öffentliche Bildung dabei auf dem Papier außen vor bliebe, könnten staatliche Bildungseinrichtungen durch die absehbar größeren Freiheiten der Privaten weiter unter Druck geraten. Im Bereich der Schulen gibt es längst eine verdeckte Teilprivatisierung: Wo die öffentlichen versagen, kommen je nach Kassenlage der Eltern kommerzielle Nachhilfeinstitute oder gleich Privatschulen ins Spiel. Für bis zu 890 Euro im Monat kann der Nachwuchs an solch einer elitären Einrichtung beschult werden. Andere müssten sich die 49 Euro für den Testmonat an der Nachhilfeschule vom Mund absparen. Ob es sich später durch ein sicheres Arbeitsverhältnis und Lebensqualität auszahlt, ist eine ganz andere Frage.

Kind- oder jugendgerecht ist der Leistungsdruck ohnehin nicht, aber auch bei jungen Erwachsenen, die das ersehnte Abitur bereits geschafft haben, führt er immer häufiger zum »Seelendoktor«: Die Nutzung psychologischer Beratungsangebote des Studentenwerks ist zwischen 2003 und 2012 um 45 Prozent gestiegen.

Ein hoher Preis für eine ungewisse Zukunft, denn die dominanten Kapitalfraktionen in Deutschland suchen nach Möglichkeiten, die Akademikerlöhne zu senken – zu diesem Schluss kam die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik in ihrem Memorandum 2015.

Die Konkurrenz scheint groß genug zu sein: Von einem »Akademisierungswahn« ist neuerdings die Rede – um die Jahrtausendwende wurde noch vor einem Mangel an Hochschulabsolventen gewarnt. Der Statistikprofessor Gerd Bosbach spricht in diesem Zusammenhang von »Angstmacherei und Herumgeeiere«. Außerdem werde das deutsche Bildungssystem den Anforderungen des modernen Arbeitsmarkts nicht gerecht. Durch größtmögliche Spezialisierung bereite es junge Menschen zielgenau auf einen Beruf vor, der fünf oder zehn Jahre später vielleicht gar nicht mehr gebraucht werde.

Die Einflüsse großer Konzerne machen auch vor den Lehrinhalten an Hochschulen nicht halt. Doch dagegen regt sich Widerstand. Studierende formulieren ihre Kritik am neoliberalen Bildungssystem, in dem sie nur noch als Kostenfaktor vorgesehen sind, und fordern Alternativen zu den herrschenden Verhältnissen. Mit »kritischen Einführungswochen« soll zum Beispiel an der Universität Leipzig zur Debatte über den Einfluss von Wirtschaft und Militär auf das Bildungssystem angeregt werden. »Studierende sollten die Universität als Ort der Klassenauseinandersetzung begreifen«, sagt ein Beteiligter. Tarifkämpfe sollen aber nicht nur im akademischen Bereich, sondern zum Beispiel auch im Versandhandel oder bei den Gebäudereinigern unterstützt werden. Hinzu kommt die Forderung, die Universitäten für Flüchtlinge zu öffnen, damit sie zumindest mit einer Gasthörerschaft an Vorlesungen teilnehmen können.

Für die meisten von ihnen dürften allerdings nach einem sicheren Schlafplatz, Verpflegung und Waschgelegenheit erst einmal Sprachkurse wichtiger sein. Vor allem unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind diesbezüglich auf schnelle Hilfe angewiesen – und die wird bisher zum Großteil ehrenamtlich von Freiwilligen geleistet. Wenn sie an ihre Grenzen kommen, stellt sich die Frage, wen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sonst noch mit »wir« gemeint hat, als sie mit Blick auf eine Willkommenskultur für Flüchtlinge sagte: »Wir schaffen das.«

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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