Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Antifa, Beilage der jW vom 08.05.2018
Politischer Kompass

Kampf um die Köpfe

Feindliche Übernahme: Was tun, wenn Rechte traditionell linke Themen besetzen?
Von Claudia Wangerin
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Demonstration gegen den Aufmarsch der Neonazipartei »Der III. Weg« am 1. Mai in Chemnitz

Früher war nicht alles besser, aber vieles einfacher. Kritik an staatlichen Autoritäten und Geheimdiensten sowie an Religion als Herrschaftsinstrument, der Kampf von Frauen um ein selbstbestimmtes, angstfreies Leben sowie das Engagement gegen Krieg waren traditionell eher linke Politikfelder. Rechte beanspruchten sie kaum für sich. Sie schoben nicht Islamkritik oder Frauenrechte vor, wenn sie »Ausländer raus« sagen wollten, zumal sie Feministinnen für lästige Wesen mit unrasierten Beinen hielten.

Als der damalige CSU-Generalsekretär Edmund Stoiber 1988 vor einer »durchrassten« Gesellschaft warnte, hatte es auch keine rechte Partei nötig, offen rassistische und geschichtsrevisionistische Hetzreden aus ihren Reihen auf eine mögliche Unterwanderung durch Geheimdienste zu schieben. Genau das tat aber unlängst die Chefin der AfD-Bundestagsfraktion, Alice Weidel, die zwar die Grenzen des Sagbaren wieder erweitern will, aber durchaus merkt, wenn ihre Parteifreunde es dabei zu eilig haben und den Bogen überspannen. Die AfD sei womöglich »infiltriert«, mutmaßte Weidel in der ARD-Dokumentation »Protest und Provokation – Die AfD im Bundestag«, die am 16. April gesendet wurde.

Klar: Der Verfassungsschutz liefert Rechten aller Schattierungen Steilvorlagen. So scheiterte nicht nur das erste NPD-Verbotsverfahren im Jahr 2003 an zu vielen V-Leuten in den Leitungsgremien der Neonazipartei und ihrer »fehlenden Staatsferne«. Auch die Aufklärung der Mord- und Anschlagsserie des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) krankt daran, dass der Verfassungsschutz offensichtlich etwas zu verbergen hat. So entsteht viel Raum für Legendenbildung. Wer aber glaubt, Menschenverachtung und Gewaltbereitschaft müssten von außen in die rechte Szene hineingetragen werden, um sie zu diskreditieren, ignoriert nicht nur wesentliche Inhalte ihrer Ideologie. Hinzu kommt, dass die zum Teil selbst gewalttätigen V-Leute nicht wie verdeckte Ermittler an die Szene herangeführt, sondern aus ihr heraus angeworben werden. Das heißt, sie haben sich in der Regel ohne staatlichen Auftrag dorthin begeben, weil sie sich dort wohlfühlen.

Doch neben offensichtlichen Nazis mit oder ohne V-Mann-Honorar sowie ultrarechten Demagogen, die gut von ihrem Publikum leben können, gibt es Menschen, die aus Naivität in deren Fahrwasser schwimmen. Ins Spektrum der »Reichsbürger« können heute auch Hippies abrutschen – Suchende und Verzweifelte, die sich nicht ohne Grund oft belogen fühlen, deren Medienkompetenz aber ausgerechnet bei den Blogs und Zeitschriften rechter Verschwörungsideologen versagt.

Seit deutschnationale Rechte und Transatlantiker nicht mehr durch einen starken gemeinsamen Feind in Form des realsozialistischen Blocks zusammengeschweißt sind, stehen sie zunehmend in Konkurrenz zueinander. Es sollte sich herumgesprochen haben, dass Deutschnationale heute auch versuchen, bei Friedensbewegten zu wildern, denen die NATO-Osterweiterung und die Konfrontationspolitik gegen Russland völlig zu recht Angst machen. Wer dabei aber nur den »tiefen Staat« in den USA als treibende Kraft und Deutschland als willenloses Anhängsel beschreibt, schlägt bewusst oder unbewusst eine Brücke von der Friedensbewegung ins völkische Lager, das vom alten Großdeutschland träumt.

Sollten Antifaschisten nun besser ganz auf Kritik an der NATO, an Geheimdiensten und an Religion als Herrschaftsinstrument – den Islam eingeschlossen – verzichten? Bloß nicht. Dadurch würden wir den Rechten absolute Macht über unser Denken geben und ihnen alles kampflos überlassen, was sie einmal angefasst haben. Wer glaubt, mit der staatstragenden Ideologie auf der sicheren Seite zu sein, solange die AfD nicht mitregiert, kann sie im Zweifel nicht stoppen.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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