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Aus: Antifa, Beilage der jW vom 15.09.2021
Antifaschismus

Ihr Auftrag ist Verpflichtung

Verstorbene Antifaschistin Esther Bejarano vertraute auf die Jugend. Kampf gegen Faschismus muss Netzwerke im Staatsapparat ins Visier nehmen
Von Marc Bebenroth
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Nach den Pogromen: Der Bewohner eines Wohnheims in Hoyerswerda blickt durch die von Rassisten eingeworfene Scheibe (23.9.1991)

Sie hat sich nicht dem »Kampf gegen den Extremismus« verschrieben, wie der saarländische CDU-Ministerpräsident Tobias Hans meinte. Ihre Stimme erhob sie nicht einfach nur gegen »Rassismus und Antisemitismus«, wie SPD-Außenminister Heiko Maas behauptete. Esther Bejarano verstarb am 10. Juli dieses Jahres im Alter von 96 Jahren als aktive Antifaschistin (siehe jW vom 12.7.). Die Schoah-Überlebende und Sängerin war Ehrenvorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA). »Ich vertraue auf die Jugend, ich vertraue auf euch! Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg!« lautete ihr Appell an nachfolgende Generationen, den ihre Familie und das Auschwitz-Komitee in der Bundesrepublik Deutschland in einer Mitteilung zu Bejaranos Tod zitierten.

Zu Bejaranos Auftrag zählt aber auch das Erinnern. Diese Beilage der Tageszeitung junge Welt erscheint unmittelbar vor dem 30. Jahrestag der rassistischen Pogrome im sächsischen Hoyerswerda. Aus diesem Anlass ist sie mit Aufnahmen von damals illustriert. Erinnert werden soll aber auch daran, welche rechten Umtriebe und Netzwerke im deutschen Repressionsapparat zuletzt aufflogen. Im Fokus der Öffentlichkeit waren in diesem Jahr – neben Spezialeinheiten der Bundeswehr – diverse Länderpolizeien, darunter die des vom Unionskanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU) regierten Landes Nordrhein-Westfalen. Bernhard Krebs beleuchtet, wie trotz allem polizeiliche Befugnisse erweitert und die Militarisierung vorangetrieben werden.

Spitzenvertreter bürgerlicher Parteien – wie die eingangs zitierten – sowie die bürgerliche Presse vermeiden die Begriffe »Faschismus« und »Antifaschismus«. Sie folgen der Sprachregelung des Verfassungsschutzes und reden von linken wie rechten »Extremismen«. Gerd Wiegel argumentiert in seinem Beitrag dagegen. Er gibt einen Überblick dazu, wie »Faschismus« als Begriff in bürgerlichen Debatten seinen Gehalt verlor und stellt dem die marxistische Analyse dieser Herrschaftsform gegenüber.

An der historischen Ausprägung des Faschismus orientieren sich Gruppen innerhalb und außerhalb der BRD. Während hierzulande das »Gegenuni«-Projekt der neurechten »Identitären Bewegung« aus Sicht von Robert Wagner eher zum Scheitern verurteilt ist, können die modern auftretenden Faschisten um Ideologen wie Martin Sellner ebenso wie diverse Neonazinetzwerke in Österreich an Stärke gewinnen. Sie profitieren von der FPÖ als »einem parlamentarischen Arm der äußersten Rechten«, wie Michael Bonvalot berichtet. Gerhard Feldbauer wiederum blickt nach Italien und beschreibt unter anderem, wie dort seit 1945 einer Renaissance des Faschismus Vorschub geleistet wurde.

Für antifaschistisches Engagement will der Sänger Mal Élevé mit seiner Musik und seinen Texten motivieren. »Hautfarbe als Straftat / Nazis Teil der Staatsgewalt / In Deutschland leider Standard«, heißt es in einem von Élevés Stücken. Unter anderem über sein Selbstverständnis als politisch aktiver Künstler sprach Annuschka Eckhardt mit ihm. Ein mögliches Betätigungsfeld von Antifaschistinnen und Antifaschisten ist der Einsatz für die Umbenennung von Straßen und Plätzen in der Bundesrepublik. Schließlich werden hierzulande bis heute Faschisten durch Straßennamen geehrt – manchmal, wie im Fall der Spanischen Allee in Berlin, wenig offensichtlich. Carmela Negrete beleuchtet, wie es zu dieser bis heute unveränderten Würdigung der »Legion Condor« kam und weshalb statt der Zerstörer zahlreicher spanischer Städte und Dörfer im Krieg von 1936 bis 1939 immer noch nicht ihrer Opfer gedacht wird.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

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