Die Waffen nieder!
Von Susanne KnütterDas Denken in globalen Machtblöcken muss im Interesse des Friedens überwunden werden! Als Teil der Friedensbewegung müssen wir »unsere Stimme nicht nur gegen den im Gange befindlichen Krieg, sondern auch gegen die Gefahr seiner weiteren Anheizung und möglichen Ausweitung erheben«, die von seiten der NATO-Staaten unter anderem mit »immer weiteren Waffenlieferungen« betrieben wird. Diese Aussagen stammen aus einer Stellungnahme des kleinen DGB-Ortsverbands Northeim, die Mitte März in der DGB-Region Südniedersachsen-Harz diskutiert wurde und jW vorliegt. Indem sie die von Russland geforderten, aber vorenthaltenen Sicherheitsgarantien als eine Ursache für den Krieg benennt und die Sanktionen, »die vor allem auf Kosten der Zivilbevölkerung gehen« kritisiert, ist die Stellungnahme analytischer als das, was aus den Vorständen der DGB-Gewerkschaften zu vernehmen ist. Die Verfasser des Papiers sind skeptisch »gegenüber der Erwartung bedingungsloser Solidarität mit dem ukrainischen Staat« und besorgt ob »der Bilder von Friedensdemonstrationen in Deutschland, auf denen Symbole und Embleme faschistischer Kräfte in der Ukraine wie des ›Asow-Bataillons‹« gezeigt und »›Waffen für die Ukraine‹ gefordert werden«. Sie wollen damit nicht den Einmarsch Russlands in die Ukraine rechtfertigen, sondern die Friedenskräfte hierzulande stärken. Die Stellungnahme ist ein Appell an »unseren Gewerkschaftsbund«, nicht in den Chor derer einzustimmen, »die nach Hochrüstung und Sanktionen rufen, sondern konsequent für Frieden, Abrüstung und Antifaschismus« einzutreten – »immer und überall!«
Die Verlautbarungen der Bundesebene der DGB-Gewerkschaften spiegeln hingegen im großen und ganzen die außenpolitische Perspektive der Bundesregierung wider. So rezipiert IG-Metall-Chef Jörg Hofmann am 2. März im Interview in der Sendung »Jung und Naiv« die Geschichte von den Ausrüstungsproblemen der Bundeswehr. Verdi-Chef Frank Werneke lobt am 9. März in einem Interview, das die Gewerkschaft auf ihrer Internetseite veröffentlicht hat, die Bundesregierung für ihre Deeskalationsbemühungen im Vorfeld des russischen Angriffs auf die Ukraine. Und wenn die NATO ihre Präsenz nun in Osteuropa ausbauen sollte, so dürfe das als Folge allein dieses Krieges verstanden werden. Und dann ist da der immer wiederkehrende Satz in den Pressemitteilungen des DGB: »Militärische Friedenssicherung darf nicht zu Lasten des sozialen Friedens erkauft werden.«
Natürlich treten auch die Vorstände der Gewerkschaften für eine diplomatische Lösung des Konflikts und eine weltweite Abrüstung ein. Sie wollen eine weitere Eskalation des Krieges unbedingt vermeiden und problematisieren die sozialen Auswirkungen des Sondervermögens in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr. Ob die Gewerkschaften bereit sind, Mitglieder für den Frieden auch jenseits von Demonstrationen außerhalb der Arbeitszeit zu mobilisieren, ist momentan zweifelhaft, wird sich in der Praxis zeigen und hängt nicht zuletzt von den Belegschaften selbst ab.
Wie die Gewerkschaften aktuell auf betrieblicher Ebene der Aufrüstung entgegentreten, thematisiert der letzte Beitrag dieser jW-Sonderausgabe zum 1. Mai. Die Arbeiterklasse muss überall die Folgen des Krieges ausbaden. Mit den arbeiterfeindlichen Reformen unter den Bedingungen des Kriegsrechts in der Ukraine befasst sich der Beitrag von Benjamin Kirchhoff. Aber auch Friedenszeiten bedeuten nicht automatisch Gleichbehandlung und Mitbestimmung – das zeigen unter anderem die systematischen Fälle von Betriebsratsbehinderung und Union Busting, auf die Elmar Wigand und Alexander Reich in ihren Beiträgen eingehen. Am Ende sind die gesellschaftspolitischen Bedingungen Grundlage für die Qualität des Zusammenlebens, wie in dem Artikel von Max Rodermund über die Arbeitsbedingungen im sozialistischen Krankenhaus deutlich wird. Solange die Rahmenbedingungen nicht stimmen, müssen wir darum kämpfen. Wie das geht – auch unter den Bedingungen der Pandemie – erklärt Michael Quetting im Interview.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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