Weckruf für den Frieden
Von Stefan HuthZeichen setzen gegen Aufrüstung und Krieg – das ist an jenem Sonnabend zweifellos gelungen. Die XXVIII. Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz (RLK) am 14. Januar brach den bisherigen Besucherrekord und sandte ein starkes Signal in die Friedensbewegung, nicht nur hierzulande. Mehr als 3.000 Gäste zog die ganztägige Veranstaltung ins Mercure-Hotel MOA in Berlin (und erreichte darüber hinaus rund 20.000 zugeschaltete Endgeräte weltweit, auf denen – oft von mehr als einer Person – der Livestream verfolgt wurde). Nach zwei Jahren pandemiebedingter Zwangspause war das Bedürfnis nach direktem Austausch groß; wenig erstaunlich angesichts der bedrohlichen weltpolitischen Lage und der akuten Gefahr einer Entfesselung des dritten Weltkriegs mit unabsehbaren Folgen. Die Zahlen zeigen auch: Die Linke in diesem Land lebt, und die vielen jungen und sehr jungen Gäste geben Anlass zur Hoffnung, dass der Kampf für den Frieden längst nicht verloren ist – auch wenn er in den Betrieben oder auf der Straße noch keine Massen mobilisiert, die es für eine wirkliche Veränderung zum Besseren bräuchte.
So ging es vor allem um Klarheit in den Köpfen, um Analysen also und Hintergrundinformationen, unabdingbar zum Verständnis der Ursachen für die gegenwärtigen Großkonflikte. Referentinnen und Referenten aus vier Kontinenten machten klar: Der Kapitalismus ist nicht friedensfähig, und das um Washington gruppierte Lager der NATO-Staaten hat aus schlechten Gründen kein erkennbares Interesse an einer Beendigung der Konfrontation mit Moskau und Beijing, schon gar nicht auf diplomatischem Wege. So rückte, bei allen Nuancierungen im Detail, die Frage nach dem Hauptaggressor in den Konferenzbeiträgen immer wieder ins Zentrum. Vor allem die Frontstellung des Westens gegen die Volksrepublik China mit ihrem sozialen Programm der Umverteilung erwirtschafteten Reichtums – wie vom Ökonomen Wen Tiejun aus Beijing ausgeführt – macht eines deutlich: Das in seinem Exklusivitätsanspruch vom Abstieg bedrohte hegemoniale System des Westens lässt keinen Raum für Alternativen. Auch aus diesem Grund ist im NATO-Sprech immer wieder die Rede vom »systemischen Gegner« China, den es einzuhegen und letztlich zu bekämpfen gelte. Es ist dieser Verzweiflungskampf ohne Rücksicht auf Verluste, der die gegenwärtige Lage so hochgefährlich, das Ringen um eine andere Gesellschaftsordnung so zwingend macht. Das wurde in vielen Beiträgen deutlich.
Das anspruchsvolle und inhaltsreiche Programm der RLK ist in dieser Beilage nur auszugsweise dokumentiert, wichtige Teile wie die Kulturbeiträge, das Jugendpodium der SDAJ, das Podiumsgespräch zum Dokumentarfilm »Oh, Jeremy Corbyn: Die große Lüge« (GB 2022) über das politische und mediale Kesseltreiben gegen den Hoffnungsträger und Vorsitzenden der britischen Labour-Partei fehlen in diesem Spezial ebenso wie Impressionen von der beeindruckenden Friedensmanifestation am Nachmittag. Diese Teile wie auch die Langfassung der Podiumsdiskussion zum Thema »Kämpfen in der Krise. Die Linke und die soziale Frage« werden in der rund 70seitigen Konferenzbroschüre erscheinen, die ab Ende März an Kiosken erhältlich ist. Mitschnitte einiger Beiträge der RLK 2023 sind inzwischen auf dem Youtube-Kanal der jungen Welt abrufbar.
Ein herzliches Dankeschön von Redaktion, Verlag und Genossenschaft geht an die mehr als 200 Helferinnen und Helfer, die durch ihren Einsatz am Einlass, an der Technik, bei Betreuung und Catering sowie in vielen anderen Bereichen diese überaus aufwendige und erfolgreiche Konferenz überhaupt erst ermöglichten.
Zum Vormerken noch dies: Die XXIX. Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz wird am 13. Januar 2024 stattfinden.
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