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Aus: Projekt Deutsch-EU, Beilage der jW vom 05.07.2023
Projekt Deutsch-EU

Vormacht bröckelt

Ukraine-Krieg sorgt für neue Kräfteverhältnisse in der EU. Frankreich stellt deutsche Führungsrolle in Frage
Von David Maiwald und Raphaël Schmeller
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Dank der Einführung des Euro 2002 ist Deutschland Weltmeister im Kapitalexport geworden. Diese jW-Beilage wird mit Motiven illustriert, die diese Entwicklung anhand bekannter Beispiele nachzeichnet. Die Bonner DHL Group beispielsweise wickelt mittlerweile nur noch ein Sechstel des Geschäfts auf dem »Heimatmarkt« ab, die Profite werden wie hier in Venedig im Ausland erwirtschaftet

Die BRD konnte in den letzten Jahren ihre Vormachtstellung in der EU deutlich ausbauen. Das zeigte sich insbesondere während der Euro-Krise ab 2010, als Berlin dem Rest Europas eine »Sparpolitik« aufzwang, die bis heute dramatische Folgen vor allem in Italien, Spanien oder Griechenland hat. Mit der Wahl Ursula von der Leyens zur Präsidentin der EU-Kommission gelang Berlin im Jahr 2019 der nächste große Coup. Auch die sogenannten Flüchtlingsdeals mit der Türkei, die die EU-Asylpolitik in den vergangenen Jahren maßgeblich prägten, waren »deutsche Erfindungen«.

Jedoch begann die Dominanz der BRD in der EU mit dem Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 zu bröckeln. Das imperialistische Projekt des Staatenbundes ist aktuell selten wie zuvor in der Geschichte durch nationale Interessen gespalten. Der Plan der deutschen Regierung, die deutsche Industrie mit billigem Gas aus Russland zu pushen (Stichwort Nord Stream 2), hat in der europäischen »Familie« beispielsweise für viel Ärger gesorgt. Dass das westliche Energieembargo gegen Russland nun in erster Linie die deutsche Industrie trifft, sorgt in manchen europäischen Hauptstädten jetzt dementsprechend für Schadenfreude.

Die USA haben diese Situation genutzt, um Spannungen zwischen den konkurrierenden Blöcken auf dem alten Kontinent zu schüren. Das zeigt sich unter anderem in verstärkten militärischen Partnerschaften mit Berlin in den Bereichen Rüstung und Chipindustrie, was beispielsweise in Paris für Verwunderung sorgt.

Auch in bezug auf China ist Europa gespalten. Berlin folgt hier der US-­Linie des »Derisking« und verschärft beispielsweise seine Gangart gegen 5G-Zulieferer aus China, während Frankreichs Präsident Macron erst vor wenigen Wochen mehrere Wirtschaftsabkommen in Beijing unterzeichnete. Die Zeichen stehen innerhalb der EU derzeit also auf Konfrontation.

In dieser Gemengelage gewinnen extrem rechte Kräfte in allen EU-Staaten an Einfluss. Während in der BRD die AfD zunehmend zur Bedrohung Nummer eins hochgeschrieben wird, wird die ausbeuterische Ordnung der »Altparteien« als einziger Rettungsanker für vermeintliche »Werte« dargestellt, ähnlich wie bei der französischen Le-Pen-Partei Rassemblement National, die regelmäßig als zu vermeidendes Übel von den etablierten Eliten des Nachbarlandes präsentiert wird. Dies dient vorrangig dazu, die Stimmen der Linken im Inneren des Staatenkartells zum Schweigen zu bringen.

Die vorliegende Beilage versucht, einen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung der EU in diesem Kontext zu geben und die mögliche Rolle Berlins darin zu beleuchten.

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