Von Pionierinnen und Murales
Von Ina SembdnerFür viele ist Reisen unerschwinglich geworden. Vor allem für jene mit Kindern, und wenn sie dazu noch allein für diese verantwortlich sind. Knapp 22 Prozent in Deutschland verfügten im Jahr 2022 nicht über ausreichende Mittel, eine einwöchige Urlaubsreise zu finanzieren. Bei Alleinstehenden mit Kindern traf das sogar auf 42 Prozent zu. Wer es sich nach wie vor leisten kann, gibt aber offenbar mehr Geld aus. Laut den Zahlen des Deutschen Tourismusverbandes stiegen die Reiseausgaben zwischen 2019 und 2022 bei einer annähernd gleichbleibenden Zahl der Reisenden bzw. sogar leichten Verringerungen.
Wer allerdings Lust und Energie hat, mit anzupacken, ist beispielsweise in einer der Kooperativen des Netzwerks »Pro Longo Maï« richtig aufgehoben. Vom Anbau über Ernte bis zur Verarbeitung wird hier alles gemeinsam verrichtet und das Projekt so kollektiv am Leben erhalten. Seinen Ursprung hat das Netzwerk in der französischen Provence, Dominik Wetzel erwähnt in seinem Text »Selbstbestimmt leben« auch einen »Ableger« im näher gelegenen mecklenburgischen Uhlenkrug. Hier stehen Lammfell und Wurst im Angebot. Deutsches lässt sich dank des kolonialen Fleißes von Bismarck bis Wilhelm dem Zweiten auch im Süden Afrikas finden – etwa »Eine Kegelbahn in Namibia«. Tom Beier erkundet unter Sand und noch mehr Sand die Diamantenmine Kolmannskuppe und muss feststellen, dass die (weiße) Reiseleiterin aus dem benachbarten Südafrika auch im Jahr 2023 einer Apartheidslogik folgt, die Unrecht nicht als solches erkennen will.
Eine Geschichte haben auch die unzähligen Murales im bolivianischen Cochabamba zu erzählen. Seit 2017 gibt es eine besondere Art, diese Wandbilder in der Stadt zu entdecken: mit dem Fahrrad. Pablo Flock erfährt im Gespräch mit Kunstführerin Casilda Callejas etwa davon, wie die Arbeiten die Stadt verändern und sie kulturell bereichern. »Viele Muralisten beziehen Position« und verarbeiten gesellschaftliche und politische Missstände wie den Sturz von Präsident Evo Morales in ihren Werken.
Von Südamerika geht es nach Asien – konkret in die chinesische Region Xinjiang und nach Vietnam. Uwe Behrens hat lange Jahre als Logistikmanager in China und Indien gearbeitet und gelebt. Sein Reisebericht »Rückständig war gestern« zeichnet ein wenig bekanntes Bild der autonomen Region, in der – bei weitem nicht nur Uiguren – verschiedene Minoritäten und Religionsgemeinschaften zusammenleben. »Auf Vietnams Straßen« muss sich Kai Köhler in acht nehmen, der Verkehr ist eine Herausforderung, flanieren ist eher nicht angesagt. Dafür gibt es Einblicke in aufstrebende Viertel in Ho-Chi-Minh-Stadt, grobes Elend findet sich in der sozialistischen Republik nicht mehr.
Barbara Eder erweist einer Pionierin die Ehre. In den 1930er Jahren machte sich die Schweizer Schriftstellerin Annemarie Schwarzenbach allein und mit ihrer Freundin, der Fotografin Ella Maillart, auf den Weg »Von Genf bis Kabul«. Einen Einblick in diese ungewöhnliche Reise bietet die Bilderserie Maillarts in dieser Beilage. »Widerstand als Geschäft« unterstellt wiederum Felix Bartels der französischen Mittelmeerinsel Korsika. Weiße Sandstrände, türkisfarbenes Wasser und ein mediterranes Klima entschädigen. Der Befreiungskampf bedeutete jedoch lediglich, dass die Insel den Besitzer wechselte.
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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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