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Aus: Kampf ums Klima, Beilage der jW vom 18.09.2024
Kampf ums Klima

Klimakampf ist Klassenkampf

Kapitalismus und Klimawandel eint, dass ihre Verwerfungen die Verwundbarsten am härtesten treffen. Ein Kampf zur Befreiung von beidem ist nötig
Von David Maiwald
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Lösungsansätze, um Klimakrise und geopolitische Spannungen zu überwinden, liegen in Strategien hin zu Wirtschaftsmodellen, die menschlich-solidarischen Bedürfnissen dienen. Das bedingt den aufrichtigen Schutz von Flora, Fauna und Umwelten sowie gerechte, nachhaltige Verteilungen von Ressourcen

Der Klimawandel ist keine abstrakte Bedrohung mehr, sondern greifbare Realität. Seine Auswirkungen drücken sich als Extreme aus; die Erderwärmung zeigt sich durch steigende Meeresspiegel, Dürren und Überschwemmungen. Auch wenn die Folgen global auftreten, betreffen sie längst nicht alle gleichermaßen. Die Klassenstruktur des kapitalistischen Weltsystems bestimmt, wer am stärksten unter ihnen zu leiden hat. Wohlhabende Eliten der kapitalistischen Zentren haben die Erderwärmung zu verantworten und können sich schützen. Tod und Zerstörung trifft die Arbeiterklasse, besonders im globalen Süden, die den Kapitalinteressen unterworfen leben und arbeiten muss.

Viele Menschen haben heute das Bewusstsein entwickelt, dass ein »Weiter so« in Produktion und Verkehr nicht länger möglich ist. Viele suchen nach Alternativen, um Ressourcen und Umwelt zu schonen. Konzerne und politische Eliten wissen das bereits zu ihrem Vorteil zu nutzen. Die Bundesregierung etwa will im Rahmen der »Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsstrategie« »nachhaltig« gelabelte Investitionen (ESG-Investments) in die Rüstungsindustrie ermöglichen. Die aufrichtigen Absichten der Bevölkerung, Naturzerstörung und Meeresverschmutzung einzudämmen, werden so perfide ausgenutzt, um Konzerngewinne und imperialistische Kriege zu befeuern. Darauf zielen die Erzählungen vom »grünen Kapitalismus«, vom »Green Deal«, und soweiter, ab.

Der Betrug der »grünen« Kapitalfraktionen streut nicht nur Zweifel über ihre Absichten. Auch der Klimawandel wird dadurch von einigen insgesamt in Frage gestellt. Einstige Umweltparteien wie Bündnis 90/Die Grünen haben sich demaskiert, indem sie zu den lautesten Befürwortern des Krieges und durch geostrategische Überlegungen zu den eifrigsten Förderern der Gewinnung fossiler Energieträger wurden. Erdgasimporte wurden bekämpft, solange sie aus Russland kamen, aber waren unabdingbar, als sie von »westlichen« Partnern kommen sollten. Auch hier dient das Versprechen, irgendwann eine Wasserstoffinfrastruktur aufzubauen, als umweltpolitisches Feigenblatt. Klimaschützer wissen längst, dass sich im »Deutschlandtempo« durchgewinkte Anlagen an den deutschen Küsten dazu überhaupt nicht eignen. Verteilungskämpfe um die »neue« Energie kündigen sich bereits an.

»Energiewende« und »Zeitenwende« gehen zusammen. »Derisking« bedeutet auch, dass sich Staaten ihrer Verantwortung entledigen, Interessen mit anderen abwägen zu müssen. Wenn heute chinesische Firmen herausgehalten werden sollen, dann nur, damit ein späterer Angriff mit weniger harten, wirtschaftlichen Folgen verbunden ist. Auch der Handel mit Kohlenstoffdioxidzertifikaten macht weniger Verschmutzung hier nur zum Preis einer gehemmten Entwicklung an anderen Orten möglich. Das Prinzip bleibt Unterordnung, »Energiepartnerschaften« auf Augenhöhe sind so im Grunde unmöglich. Die Lösung der Klimakrise und geopolitischen Spannungen liegt in Strategien hin zu einer Wirtschaft, die den Bedürfnissen der Menschen und daher zwangsläufig dem Schutz der Umwelt dient.

Eine sozialistische Wirtschaft stellt die Bedürfnisse von Mensch und Natur mit Hilfe eines rationalen, gesellschaftlich erarbeiteten Plans in den Mittelpunkt. Der Fokus könnte auf ökologischer Landwirtschaft und nachhaltiger, weil sparsam und planvoll organisierter Produktion liegen. Notwendig periodisch auftretende Überproduktion und verheerende Krisen würden so verhindert. Überflüssige und umweltschädliche Produkte, die nur der Vermehrung des Reichtums von wenigen dienen, würden nicht länger hergestellt. Nur sozialistische Planwirtschaft kann nachhaltig sein.

Ein Kampf für Klimagerechtigkeit muss, will er erfolgreich sein, ein Kampf für den Sozialismus sein. Das wird immer mehr Menschen klar: Sie stellen sich dem weltweiten Kapitalismus daher entgegen – mit ihren Organisationen, auf der Straße und in den Betrieben. Der »Kampf ums Klima« ist ein Klassenkampf, und nur dieser kann eine Wirtschaft hervorbringen, die den Interessen der Menschheit und ihrer Zukunft dient.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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