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Aus: VR China, Beilage der jW vom 25.09.2024
Volksrepublik China

Die größte Niederlage der USA

Taiwanfrage: Offiziell bekennt sich Washington zur Ein-China-Politik, tut aber alles, um den »Verlust Chinas« rückgängig zu machen
Von Arnold Schölzel
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»Vereint - Wir müssen Taiwan befreien.« Plakat aus der Zeit der »Großen proletarischen Kulturrevolution« (1966–76)

Am 25. Oktober 1971 beschloss die UN-Generalversammlung, die Volksrepublik China als einzige rechtmäßige Vertretung des chinesischen Volkes anzuerkennen. Die entscheidende Textpassage der Resolution 2758 lautet: »Die Vollversammlung der Vereinten Nationen (…) beschließt, alle Rechte der Volksrepublik China wiederherzustellen und die Vertreter ihrer Regierung als die einzigen legitimierten Vertreter Chinas in den Vereinten Nationen anzuerkennen und von nun ab die Vertreter Chiang Kai-sheks von dem Platz zu entfernen, den sie zu Unrecht in den Vereinten Nationen und allen ihren Organisationen einnehmen.« Die Resolution wurde mit 76 Jastimmen, 35 Neinstimmen (auch die der USA) und bei 17 Enthaltungen angenommen. Damit war die sogenannte Ein-China-Politik völkerrechtlich verbindlich in Kraft gesetzt. Westliche Juristen bemängeln heute, das Territorium der Volksrepublik sei in der Resolution nicht definiert. Richtig: Es war damals selbstverständlich, dass es Taiwan umfasst.

Bis heute bekennen sich die USA in diesem Sinn regelmäßig zur Ein-China-Politik, tun aber das Gegenteil. Zuletzt erklärte zum Beispiel Jacob Sullivan, der Nationale Sicherheitsberater der USA, am 30. August auf einer Pressekonferenz in Beijing während eines dreitägigen China-Besuchs, die Ein-China-Politik habe »tatsächlich jahrzehntelang dazu beigetragen, Frieden und Stabilität in der Taiwanstraße aufrechtzuerhalten, und das soll auch so bleiben.« In Wirklichkeit sieht Washington im »Loss of China« – im »Verlust Chinas« – die größte Niederlage der US-Politik im 20. Jahrhundert. Noam Chomsky schrieb dazu 2012: »1949 erklärte China seine Unabhängigkeit, ein Ereignis, das im westlichen Diskurs als ›Verlust Chinas‹ bekannt ist – in den USA löste es erbitterte Schuldzuweisungen und Konflikte darüber aus, wer für diesen Verlust verantwortlich sei. Die Terminologie ist aufschlussreich. Man kann nur etwas verlieren, das einem gehört. Die stillschweigende Annahme war, dass China den USA von Rechts wegen gehörte, zusammen mit dem Großteil der übrigen Welt, so wie es auch die Planer der Nachkriegszeit annahmen. Der ›Verlust Chinas‹ war der erste große Schritt im ›Niedergang Amerikas‹.«

Das US-Bekenntnis zur Ein-China-Politik ist Taktik, um nicht zu sagen Lüge. Im Kalten Krieg hofften die USA 1971 auf eine Allianz mit China gegen die Sowjetunion. Das ermöglichte die UN-Resolution. Angesichts des Aufstiegs Chinas zur Weltmacht heute hat aber Kriegsvorbereitung gegen die Volksrepublik höchste Priorität. Beleg: Die Biden-Administration erhöhte die Militärhilfe für Taiwan um das Elffache im Vergleich zur Trump-Präsidentschaft. Am 18. September meldete die Taipeh Times, das US-Außenministerium habe 228 Millionen US-Dollar weiterer Militärunterstützung genehmigt. Außerdem sprach Biden ausgerechnet zum 50. Jahrestag der Resolution 2758 öffentlich davon, die USA würden Taiwan im Falle eines Angriffs durch die Volksrepublik verteidigen. Dies sei eine »Verpflichtung«.

In deutschen Medien wird die völkerrechtlich eindeutige Lage seit Jahren kaum erwähnt, vielmehr behauptet, Taiwan sehe sich demnächst einer Aggression durch die Volksrepublik gegenüber. Über die wirtschaftlichen Verflechtungen – etwa ein Viertel der Beschäftigten in Taiwan arbeitet für Konzerne vom Festland, umgekehrt produzieren Unternehmen aus Taiwan im großen Stil in der Volksrepublik – wird hartnäckig geschwiegen. Ein Musterfall war die Sprachregelung des Bundesverteidigungsministers zur Durchfahrt der deutschen Fregatte »Baden-Württemberg« und des Einsatzgruppenversorgers »Frankfurt am Main« am 13. September durch die Taiwanstraße. Boris Pistorius tönte: »Internationale Gewässer sind internationale Gewässer, es ist der kürzeste Weg, es ist angesichts der Wetterlage der sicherste Weg, und es sind internationale Gewässer, also fahren wir durch.« Der Begriff »internationale Gewässer« kommt allerdings im Seerecht nicht vor. Hier sei stellvertretend für die Übernahme des Regierungssprechs tagesschau.de zitiert. Dort hieß es am selben Tag: »China bestreitet, dass es sich um internationale Gewässer handelt. Das Land beansprucht die Meerenge als Teil seines Hoheitsgebiets, ebenso wie die selbst regierte Insel Taiwan. Dieser Anspruch ist jedoch international nicht anerkannt.« Letzteres ist mit Blick auf die Resolution 2758 von 1971 eine dreiste Lüge, deren ständige Wiederholung aber in den deutschen öffentlich-rechtlichen Sendern Ritus ist wie das Amen in der Kirche. Chinas Außenamtssprecherin Mao Ning erklärte in Beijing parallel zu Pistorius: »Wir respektieren das Recht der Länder auf Schiffahrt in den betreffenden Gewässern im Einklang mit Chinas Gesetzen und dem Völkerrecht, einschließlich des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (SRÜ). Aber wir lehnen entschieden jede Provokation unter dem Vorwand der Freiheit der Schiffahrt ab, die Chinas Souveränität und Sicherheit verletzt.« Aber die deutschen Kanonenboote sollen helfen, den »Verlust Chinas« rückgängig zu machen. Nicht der einzige akute deutsche Größenwahn.

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