Schrader, Purwin, Graupner, Ballmann
Von Jegor JublimovAls Alfred Schrader am Tag vor Weihnachten im vorigen Jahr seinen 99. Geburtstag feierte, versprach er, die 100 voll zu machen. Doch das konnte er leider nicht einhalten. Der aus Thüringen stammende Dramaturg und Hörspielautor starb am 5. Juli in Berlin. Ab 1958 arbeitete Schrader für den Rundfunk der DDR. Wir verdanken ihm Kinderhörspiele, die Heiner Müller in den Jahren 1962 bis 1964 unter anderem nach Vorlagen von Michail Scholochow und Tschingis Aitmatow schrieb. Zu Schraders bemerkenswerten Hörspielen zählen die nach Heinrich Manns »Henri Quatre« und Goethes »Wahlverwandtschaften«, aber er hat auch selbst viele spannende Kriminalhörspiele geschrieben.
Unterm Weihnachtsbaum können zwei weiterhin aktive Comiczeichner ihre Geburtstage feiern. Der ältere ist Achim (Hans-Joachim) Purwin, geboren am ersten Feiertag 1944 in Frankfurt (Oder). An seine Erfolgsserie »Knote + Karli« (ab 1975) erinnern sich vor allem einstige Leser der Zeitschrift Sport und Technik, die von der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) herausgegeben wurde. Der Kulturwissenschaftler war als Zeichner Autodidakt, sah in der Heftreihe Micky Maus und der TV-Serie »Familie Feuerstein« Vorbilder, und es war schon erstaunlich, dass er damit ausgerechnet die auf Wehrerziehung ausgerichtete Zeitschrift bereicherte. »Knote + Karli« waren quasi in allen Sparten der GST zugange, erlebten Abenteuer bei Wettbewerben im Morsen oder Sportflug. Purwin, der Unterricht in einem Zirkel bei Karl Schrader, Kurt Klamann und Willy Moese nahm, zeichnete auch für die Fliegerrevue, den Eulenspiegel und die Rätselzeitung Troll. Mit »Der Kassenraub zu Köpenick« um den Schuster Wilhelm Voigt hat er 2015 ein eigenes Comicheft herausgebracht.
Eigene Reihen hat auch Ulf S. Graupner geprägt, der am zweiten Feiertag 60 Jahre alt wird. Seine hieß »Das UPgrade« und gewann 2013 in München einen Hauptpreis. Der Greizer hatte in Babelsberg Animation studiert, war nach Trickfilmeinsätzen drei Jahre lang beim Mosaik und setzte seine Arbeit mit den Abrafaxen auch bei der Superillu fort. Beim Sparkassen-Comic Knax hat er ebenfalls mitgearbeitet. Bemerkenswert ist seine Arbeit für die Romanreihe um Ritter Runkel von Lothar Dräger.
Ein Pionier des Defa-Kinder- und -Jugendfilms wäre am 29. Dezember 100 Jahre alt geworden. Das entsprechende Studio leitete Herbert Ballmann von 1954 bis 1958. Sein in dieser Zeit entstandener Sagenfilm »Der Teufel vom Mühlberg« aus dem Harz wird noch oft im Feiertagsprogramm gezeigt. Ballmann inszenierte Filme nach Stoffen von Erwin Strittmatter und Leonhard Frank, bevor er nicht ganz freiwillig in den Westen ging. Hier arbeitete er vorrangig fürs Fernsehen. Besonders erfolgreich war seine 13teilige Verfilmung von Hans Falladas »Ein Mann will nach oben« (1978) mit Mathieu Carrière, an der übrigens auch die Defa mitarbeitete. Ballmann starb 2009 im 85. Lebensjahr.
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