100 neue Sender für Venezuela
Von André Scheer, CaracasAusgelassen haben Hunderte Menschen am Freitag abend (Ortszeit) den Start des ersten Digitalsenders Venezuelas gefeiert. Um 21 Uhr hatten der geschäftsführende Staatspräsident Nicolás Maduro und sein Stellvertreter Jorge Arreaza auf der Plaza de los Museos im Zentrum der Hauptstadt Caracas den offiziellen Startschuß für ConCiencia TV gegeben.
Der Name des neuen Kanals, der zunächst im Probebetrieb sendet, ist ein Wortspiel. Zum einen läßt er sich als »Con Ciencia« – »Mit Wissenschaft« – lesen, zum anderen bedeutet »Conciencia« allerdings auch »Bewußtsein«.
Betrieben wird der Sender vom Ministerium der Volksmacht für Wissenschaft, Technologie und Innovation (MCTI). Im Programm sollen den Venezolanern neue technische Entwicklungen vorgestellt und Forschungsergebnisse präsentiert werden. Breiten Raum wird auch das Kinderprogramm einnehmen. Zur Illustration von dessen Machart führte einer der Moderatoren am Freitag seinem staunenden Präsidenten vor, wie man einen Bleistift in einen mit Wasser gefüllten Plastikbeutel stechen kann, ohne daß Wasser austritt. Fasziniert verfolgten auch die zahlreichen in- und wenigen ausländischen Journalisten das Schauspiel.
ConCiencia soll nur der erste von bis zu 100 neuen Programmen sein, die innerhalb der nächsten drei Jahre gestartet und über terrestrisches Digitalfernsehen (DVB-T) verbreitet werden sollen.So schlug Maduro vor, mehrere Jugendkanäle und ein eigenes Programm für die Arbeiterklasse zu lancieren.
Venezuela hat sein DVB-T erst vor wenigen Monaten gestartet, nachdem zunächst analysiert worden war, welches der international konkurrierenden Systeme das beste sei. Gemeinsam mit den anderen Mitgliedsstaaten des südamerikanischen Marktes MERCOSUR entschied man sich dann für das in Japan entwickelte System, berichtete Maduro. Dadurch wurde erreicht, daß die meisten Staaten Südamerikas das selbe System benutzen und ein Programmaustausch vereinfacht wird.
Maduro erinnerte zudem daran, daß der Start des neuen Senders ein wichtiges Symbol sei. Exakt vor elf Jahren, am 12. April 2002, hätten die Putschisten den damals einzigen staatlichen Fernsehkanal, Venezolana de Televisión, abgeschaltet, während die Privatsender nur noch Zeichentrickfilme ausgestrahlt hätten, um den Protest des Volkes gegen den Staatsstreich zu verschweigen. Nun jedoch werde eine weitere Stimme des Volkes auf Sendung gebracht.
Ein Höhepunkt der Eröffnungsfeier war der Auftritt des uruguayischen Volkssängers Daniel Viglietti, der sein neues Lied »Bolivariano« vorstellte, das er Venezuela und Hugo Chávez gewidmet hatte. Im Gespräch mit junge Welt sagte er, daß er mit diesem Lied eine »Schuld begleichen« wolle, da er in Venezuela in den 70er Jahren, als in seiner Heimat eine Militärdiktatur herrschte, Zuflucht gefunden hatte. Zudem sei er begeistert, wie sich Venezuela in der Bolivarischen Revolution unter Hugo Chávez entwickelt habe.
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