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15.04.2013, 17:45:57 / Entscheidung in Venezuela

Attac kritisiert Venezuela-Berichterstattung der ARD

Peter Sonnenberg in der »Tagesschau«
Peter Sonnenberg in der »Tagesschau«

Mit Kritik und Unverständnis hat der Lateinamerika-Zirkel von Attac Saar auf die Venezuela-Berichterstattung des ARD-Korrespondenten Peter Sonnenberg im »Weltspiegel« und in der »Tagesschau« vom 14. April 2013, dem Tag der Präsidentschaftswahlen in Venezuela, reagiert. Thomas Schulz, Sprecher von Attac Saar: »Der ARD-Mexiko-Korrespondent Peter Sonnenberg erklärt uns die Welt in Venezuela - aus seiner Sicht und unter gröbster Vernachlässigung der Fakten und  Tatsachen. Herr Sonnenberg muß kein Freund von Hugo Chavez und seiner Politik sein, die nun von Nicolás Maduro weiter geführt werden soll - der Journalist Peter Sonnenberg sollte sich aber sehr wohl an journalistische Grundsätze halten.«

Sonnenberg scheine »Sozialpolitik für unwichtig zu halten«, anders seien Sonnenberg-Sätze in der Tagesschau am 14. April um 20 Uhr nicht zu rechtfertigen wie z.B.: »Er (Chávez) hat die Armut bekämpft, aber die Wirtschaft liegt am Boden.«, »Er (Nicolás Maduro) wird als die schlechte Kopie seines Ziehvaters bezeichnet.« Auf Quellen oder Belege für seine vernichtenden Urteile verzichte der Journalist, so die Attac-Kritik an der journalistischen Sorgfalt.

Attac Saar nennt Gründe für die einseitige Wahrnehmung und Aufbereitung von Informationen aus Venezuela durch die ARD: Wie der Journalist Martin Busche  recherchiert hat, ist Peter Sonnenberg Mitglied der »Stiftung Marktwirtschaft«, die dem wirtschaftsliberalen »Kronberger Kreis« sehr nahe stehe. Dieser ungute Einfluß scheine sich »in einer Weise auf sein Urteilsvermögen auszuwirken, daß eine objektive Berichterstattung über Venezuela, aber auch andere Länder wie Brasilien, Bolivien, Ecuador, durch Herrn Sonnenberg nicht gewährleistet ist«, so Schulz. Attac verweist im Bezug auf Venezuela auf offizielle Quellen, die ein völlig anderes Bild entstehen lassen, wie die deutsche Außenhandelskammer (ahk).

Die ahk, bzw. »Germany Trade&  Invest«, das vom deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert wird, veröffentlichte im November 2012 unter dem Titel »Wirtschaftsdaten kompakt – Venezuela« die Basisdaten für das Land, das 2012 mit 5,7 Prozent Wirtschaftswachstum und einer Prognose von 3,3 Prozent Wachstum für 2013 alles andere als »herabgewirtschaftet« ist, wie ARD-Korrespondent Sonnenberg seit Oktober 2012 wiederholt behauptet hat.

Nach Attac-Saar-Angaben habe die Arbeitslosenquote in Venezuela noch im Jahr 2003 bei 19,2 Prozent gelegen. Für dieses Jahr prognostiziert die Außenhandelskammer 8,1 Prozent (aktuell liegt sie bei 7,6 Prozent). Attac-Sprecher Schulz wörtlich: »Weil auch Herr Sonnenberg weiß, daß Hugo Chavez trotz seines überhöhten Egos sozialpolitisch über die Maßen erfolgreich gewirtschaftet hat, hat sich die ARD-Berichterstattung schon vor den Wahlen 2012 darauf beschränkt, daß die Korrespondenten Phrasen der reichen Elite Venezuelas wiederholten. Ein Armutszeugnis für eine der größten öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten der Welt.«

Nicht gesagt wurde: In Venezuela haben sich die realen, d.h. inflationsbereinigten, Sozialausgaben pro Kopf von 1998 bis 2006 mehr als verdreifacht. Allein von 1998 bis 2008 ist die Staatsverschuldung Venezuelas von 30,7 auf 14,3 Prozent des BIP gefallen, die Auslandsverschuldung sogar noch stärker, nämlich von 25,6 auf 9,8 Prozent.

Der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler, Kolumnist und Co-Direktor des »Center for Economic and Policy Research« (CEPR) in Washington D.C., Mark Weisbrot, analysierte auf Grundlage der Fakten und kommt zu dem Schluß: »Was die öffentlichen Schulden Venezuelas anbetrifft, ist die Regierung von einem Problem mit unhaltbaren Schulden weit entfernt. Der IWF schätzt Venezuelas Bruttostaatsverschuldung für 2012 auf 51,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (für Europa vergleichsweise mehr als 90 Prozent). Trotz des in den Medien überrepräsentierten Wunschdenkens wird Venezuelas Wirtschaftswachstum höchstwahrscheinlich für viele weitere Jahre anhalten, solange wie die Regierung Wachstum und Beschäftigung fördert.«

Es sei beschämend für eine »weltweit um ihre Möglichkeiten beneidete öffentlich-rechtliche Anstalt wie die ARD«, daß die deutsche Öffentlichkeit nicht über Tatsachen informiert werde, wenn diese dem zuständigen Korrespondenten aus ideologischen Gründen nicht ins Konzept paßten. Auch die nicht unwesentliche Information, wonach es in Venezuela rund um die Wahlen zu schweren Hackerangriffen auf die Websites der Regierungsparteien, des Nationalen Wahlrats sowie die
Infrastruktur des staatlichen Telekommunikationsunternehmens CANTV gekommen ist, sei dem ARD-Publikum vorenthalten worden, bemängelt Attac Saar abschließend.

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