Kunst und Waffe
Lilly Becher, von 1945 bis 1950 Chefredakteurin der Neuen Berliner Illustrierten (NBI), schreibt in ihren Erinnerungen: »Wie andere lief auch ich treppauf, treppab, ein Bündel Zeitungen unter dem Arm. Das kleine Blatt hieß „Sowjetunion im Bild".
Wir klopften an die Türen der Arbeiterwohnungen im Wedding, in Neukölln. Und nicht nur die Türen, auch die Herzen öffneten sich uns. (...) Damals wurde mir zum erstenmal bewußt, welche Waffe das richtige Bild mit dem richtigen Text im Kampf für unsere Sache sein kann.«
Die A-I-Z entwickelte sich zur zweitgrößten Illustrierten Deutschlands mit einer Auflage von 420 000 Exemplaren. 1926 organisierte die A-I-Z ein Preisausschreiben, um Leser zum Fotografieren zu bewegen – es mangelte der Wochenzeitung an Aufnahmen aus der Welt der Arbeiter. Aus solchen Initiativen heraus entstand die Bewegung der deutschen Arbeiterfotografen. In den dreißiger Jahren schufen John Heartfield und sein Bruder Wieland Herzfelde für die A-I-Z unvergessliche politische Fotomontagen.
Die proletarischen Fotografen waren in einem Verband mit eigener Zeitschrift (Der Arbeiter-Fotograf) organisiert, der in seinen besten Zeiten mehr als 2000 Mitglieder in über 100 Ortsgruppen zählte. Mit dem Machtantritt der Nazis 1933 wurde auch die Bewegung der Arbeiterfotografen zerschlagen oder mußte aus dem Exil heraus wirken. (Siehe: Rudolf Sturmberger über Arbeiterfotografie vor dem Zweiten Weltkrieg, jW vom 13.08.2011)
1939 brach Münzenberg mit der Politik Stalins und starb 1940 auf der Flucht vor den deutschen Eroberern unter ungeklärten Umständen in Südfrankreich.