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23.06.2011, 17:38:21 / Free Gaza

Partnertausch

Von Karin Leukefeld, Damaskus

Israel fordert von Ankara, türkische Teilnahme an zweiter Gaza-Flottille zu unterbinden
Die Türkei könnte ihre Beziehungen zu Israel wieder normalisieren, wenn Ankara die Beteiligung türkischer Aktivisten an der zweiten »Freiheit-für-Gaza«-Flotte unterbindet. »Die Absage der Flottille würde sicherlich den Boden für die Normalisierung der bilateralen Beziehungen bereiten«, zitiert die türkische englischsprachige Tageszeitung Hürriyet Daily News (am 16.6.) eine namenlose Quelle, die »über die Entwicklungen gut informiert« sei. Das wäre ein »Fenster der Gelegenheit«.

Voraussetzung für die Wiederherstellung der bilateralen Beziehungen sei das Einwirken der türkischen Regierung auf die Menschenrechts- und Hilfsorganisation (IHH), die bereits an der ersten Gaza-Flottille 2010 mit dem Schiff Mavi Marmara teilgenommen hatte. Israelische Sondereinheiten hatten die sechs Schiffe in internationalen Gewässern gestürmt und töteten einen türkisch-amerikanischen sowie acht türkische Aktivisten an Bord der Mavi Marmara. Bis heute hat die israelische Regierung sich für den Tod der neun Männer weder entschuldigt noch Wiedergutmachung für die Familien angeboten.

Die Türkei hatte daraufhin ihre Beziehungen zu Israel weitgehend ausgesetzt und demonstrativ jene zu Syrien ausgeweitet. Schon im Oktober 2009 hatten türkische und syrische Truppen gemeinsame Manöver durchgeführt. Hinter den Kulissen allerdings ist der Gesprächsfaden nicht abgerissen. Die Daily News berichtet von »Routinetreffen« zwischen der israelischen Botschaft und dem türkischen Außenministerium in Ankara.

Anfang Juni hatte der türkische Präsident Abdullah Gül auf Druck aus Israel und aus den USA versichert, die Regierung habe keine Möglichkeit, die Flottille zu stoppen. Der Staat könne Nichtregierungsorganisationen keine Anordnungen erteilen, so Gül vor Journalisten. Die träfen ihre eigenen Entscheidungen.

Mit Blick auf die Situation an der türkisch-syrischen Grenze erklärte nun offenbar Hüseyin Oruc vom IHH-Vorstand auf Fragen der türkischen Daily News, die Organisation prüfe derzeit die Teilnahme an der diesjährigen zweiten Flottille. »Wir können die Augen nicht vor dem verschließen, was vor unserer Haustür geschieht.« IHH steht offenbar unter Druck sowohl von Medien als auch von Teilen der Regierung, ihre Teilnahme an der neuen Hilfsaktion für den von Israel belagerten Gazastreifen abzusagen. 16 Schiffe mit Friedensaktivisten aus aller Welt planen, sich Ende Juni im östlichen Mittelmeer zu treffen, um von dort aus Hilfsgüter nach Gaza zu bringen. Um den Hafen von Gaza zu erreichen, können die Schiffe direkt aus internationalen Gewässern in die palästinensischen Hoheitsgewässer fahren, ohne israelische Hoheitsgewässer zu kreuzen. Die israelische Regierung hat allerdings schon angekündigt, das Einlaufen der Schiffe wie im Vorjahr zu verhindern. Marinesoldaten und Sondereinheiten der israelischen Armee bereiten sich bereits auf einen erneuten Einsatz vor.

Die scharfe Kritik der Türkei an den Ereignissen in Syrien nutzt Israel, öffentlich wieder enger an den früheren Partner heranzurücken. Zwar unterstellten politische Analysten in den vergangenen Wochen Israel eher ein Interesse an dem Erhalt des syrischen Regimes, das seit Jahrzehnten für eine gewisse Stabilität in der Region gesorgt hat. Doch ist keineswegs ausgeschlossen, daß Israel direkt oder indirekt aktiv an den Unruhen in Syrien beteiligt ist. Mit dem Fingerzeig auf tödliche Unruhen im Nachbarland versucht Israel zudem, von eigener Repression und Gewalt gegen die Palästinenser abzulenken. Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak sprach dem syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad die Legitimität zu regieren ab, und Außenminister Avigdor Lieberman forderte Assad zum Rücktritt auf. Seinem deutschen Amtskollegen Guido Westerwelle schlug Lieberman vor, den Druck auf Syrien weiter zu erhöhen. Die EU solle alle Botschafter europäischer Staaten aus Syrien zurückrufen.

Quelle: http://www.jungewelt.de/2011/06-17/027.php

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