Partnertausch
Von Karin Leukefeld, DamaskusIsrael fordert von Ankara, türkische Teilnahme an zweiter Gaza-Flottille zu unterbinden
Die Türkei könnte ihre Beziehungen zu Israel wieder normalisieren, wenn
Ankara die Beteiligung türkischer Aktivisten an der zweiten
»Freiheit-für-Gaza«-Flotte unterbindet. »Die Absage der Flottille würde
sicherlich den Boden für die Normalisierung der bilateralen Beziehungen
bereiten«, zitiert die türkische englischsprachige Tageszeitung Hürriyet
Daily News (am 16.6.) eine namenlose Quelle, die ȟber die
Entwicklungen gut informiert« sei. Das wäre ein »Fenster der
Gelegenheit«.
Voraussetzung für die Wiederherstellung der
bilateralen Beziehungen sei das Einwirken der türkischen Regierung auf
die Menschenrechts- und Hilfsorganisation (IHH), die bereits an der
ersten Gaza-Flottille 2010 mit dem Schiff Mavi Marmara teilgenommen
hatte. Israelische Sondereinheiten hatten die sechs Schiffe in
internationalen Gewässern gestürmt und töteten einen
türkisch-amerikanischen sowie acht türkische Aktivisten an Bord der Mavi
Marmara. Bis heute hat die israelische Regierung sich für den Tod der
neun Männer weder entschuldigt noch Wiedergutmachung für die Familien
angeboten.
Die Türkei hatte daraufhin ihre Beziehungen zu
Israel weitgehend ausgesetzt und demonstrativ jene zu Syrien
ausgeweitet. Schon im Oktober 2009 hatten türkische und syrische Truppen
gemeinsame Manöver durchgeführt. Hinter den Kulissen allerdings ist der
Gesprächsfaden nicht abgerissen. Die Daily News berichtet von
»Routinetreffen« zwischen der israelischen Botschaft und dem türkischen
Außenministerium in Ankara.
Anfang Juni hatte der türkische
Präsident Abdullah Gül auf Druck aus Israel und aus den USA versichert,
die Regierung habe keine Möglichkeit, die Flottille zu stoppen. Der
Staat könne Nichtregierungsorganisationen keine Anordnungen erteilen, so
Gül vor Journalisten. Die träfen ihre eigenen Entscheidungen.
Mit Blick auf die Situation an der türkisch-syrischen Grenze erklärte
nun offenbar Hüseyin Oruc vom IHH-Vorstand auf Fragen der türkischen
Daily News, die Organisation prüfe derzeit die Teilnahme an der
diesjährigen zweiten Flottille. »Wir können die Augen nicht vor dem
verschließen, was vor unserer Haustür geschieht.« IHH steht offenbar
unter Druck sowohl von Medien als auch von Teilen der Regierung, ihre
Teilnahme an der neuen Hilfsaktion für den von Israel belagerten
Gazastreifen abzusagen. 16 Schiffe mit Friedensaktivisten aus aller Welt
planen, sich Ende Juni im östlichen Mittelmeer zu treffen, um von dort
aus Hilfsgüter nach Gaza zu bringen. Um den Hafen von Gaza zu erreichen,
können die Schiffe direkt aus internationalen Gewässern in die
palästinensischen Hoheitsgewässer fahren, ohne israelische
Hoheitsgewässer zu kreuzen. Die israelische Regierung hat allerdings
schon angekündigt, das Einlaufen der Schiffe wie im Vorjahr zu
verhindern. Marinesoldaten und Sondereinheiten der israelischen Armee
bereiten sich bereits auf einen erneuten Einsatz vor.
Die
scharfe Kritik der Türkei an den Ereignissen in Syrien nutzt Israel,
öffentlich wieder enger an den früheren Partner heranzurücken. Zwar
unterstellten politische Analysten in den vergangenen Wochen Israel eher
ein Interesse an dem Erhalt des syrischen Regimes, das seit Jahrzehnten
für eine gewisse Stabilität in der Region gesorgt hat. Doch ist
keineswegs ausgeschlossen, daß Israel direkt oder indirekt aktiv an den
Unruhen in Syrien beteiligt ist. Mit dem Fingerzeig auf tödliche Unruhen
im Nachbarland versucht Israel zudem, von eigener Repression und Gewalt
gegen die Palästinenser abzulenken. Der israelische
Verteidigungsminister Ehud Barak sprach dem syrischen Präsidenten
Baschar Al-Assad die Legitimität zu regieren ab, und Außenminister
Avigdor Lieberman forderte Assad zum Rücktritt auf. Seinem deutschen
Amtskollegen Guido Westerwelle schlug Lieberman vor, den Druck auf
Syrien weiter zu erhöhen. Die EU solle alle Botschafter europäischer
Staaten aus Syrien zurückrufen.
Quelle: http://www.jungewelt.de/2011/06-17/027.php
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!