»Netanjahus dicke, fette griechische Hochzeit«
Von Haaretz / Zusammenfassung aus dem Englischen von Gerrit HoekmanNach Ansicht der linksliberalen israelischen Tageszeitung Haaretz ist das Vorgehen der griechischen Regierung gegen die zweite internationale »Free Gaza«-Flottille das Resultat einer seit langem gepflegten, guten Freundschaft zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und seinem griechischen Amtskollegen Giorgos Papandreou:
»Die zunehmenden diplomatischen Bande mit der ins Schwimmen geratenen europäischen Nation scheinen nun der letzte Sargnagel für die Gaza-Flottille zu sein.«
Am vergangenen Donnerstag erwähnte Netanjahu bei einer Rede vor jungen Piloten der israelischen Luftwaffe Papandreou als einzigen namentlich und lobte ihn für die gute Kooperation. Einen Tag zuvor hatte er, nach Informationen von Haaretz, mit dem Griechen persönlich über die Flottille gesprochen.
Schon am Donnerstagnachmittag soll die israelische Regierung gewußt haben, daß Griechenland die Schiffe nicht nach Gaza fahren lassen werde.
Vereint gegen »türkischen Extremismus«
»Die Romanze zwischen Netanjahu und Papandreou hat im Februar 2010 begonnen, als sie sich zufällig im Moskauer Restaurant ‚Puschkin' getroffen haben«, schreibt Haaretz. Netanjahu habe sich mit ihm über den »türkischen Extremismus« unterhalten, der sich gegen Israel richte. Beide seien dann schnell Freunde geworden und hätten in der Vergangenheit mindestens einmal pro Woche miteinander telefoniert.
Als sich im letzten Jahr der erste Schiffskonvoi aus der Türkei auf den Weg nach Gaza machte, seien auch der griechische Geheimdienst und die Armeeführung besorgt gewesen, sie hätten dringend engere Beziehungen zu Israel gefordert. »Papandreou mußte nicht besonders überzeugt werden.«
»Griechenlands Lobbyist in der EU«
Im Juli 2010 reiste Papandreou dann nach Israel – der erste Staatsbesuch eines griechischen Ministerpräsidenten in Tel Aviv seit 30 Jahren. Kurz darauf machte sich Netanjahu zum Gegenbesuch auf, man verbrachte einen ganzen Tag auf einer griechischen Insel. In der Folgezeit sind sich auch die hohen Offiziere der beiden Staaten näher gekommen. So veranstalteten die israelische und die griechische Luftwaffe gemeinsame Übungen. Papandreou habe auch, so Haaretz, für Netanjahu Botschaften an den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas überbracht. Als Gegenleistung habe sich Netanjahu bei der EU für eine Finanzspritze an Griechenland stark gemacht. »Netanjahu ist Griechenlands Lobbyist in der Europäischen Union geworden«, zitiert Haaretz einen israelischen Diplomaten.
Israel sei es in den vergangenen Monaten gelungen, einen respektablen Ersatz für die bis dahin guten Beziehungen zur Türkei zu finden, die schwer gelitten hatten durch dem Entern der ersten Flottille und dem besonders brutalen Einsatz auf der »Mavi Marmara, bei dem neun Türken ums Leben kamen. »Die Organisatoren der Flottille haben nicht einkalkuliert, daß Griechenland im Juli 2011 nicht mehr das Griechenland vom Mai 2010 ist«, sagt laut Haaretz ein hoher israelischer Offizieller, der in den vergangenen Monaten damit beschäftigt war, den Schiffskonvoi zu verhindern. »Es gibt heute, was Israel betrifft, ein anderes Griechenland. Die Organisatoren der Flottille haben das nicht begriffen und nun zahlen sie den Preis dafür.«
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