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02.07.2011, 20:35:23 / Free Gaza

Jeden Tag neue Armutszeugnisse

Von Kommentar von Peter Wolter, Agios Nikolaos
Die Militärmacht Israel hat Angst vor einigen hundert Menschenrechtsaktivisten – und Griechenland gibt seine Restsouveränität auf.

Das israelische Militär hält Manöver ab, seine Propagandamaschine rotiert, unbewaffnete Schiffe werden sabotiert, der griechische Staat unter Druck gesetzt – wie schwach muß sich die größte Militärmacht des Nahen Ostens fühlen, wenn einige hundert Menschenrechtsaktivisten auf dem Seeweg Hilfsgüter zu den Palästinensern im Gazastreifen bringen wollen?

Wie lächerlich macht sich diese Regierung, daß sie Tag für Tag neue Lügen über angeblich geplante Säureattentate in die Welt setzt oder von arabischen Terroristen an Bord dieser Schiffe faselt? Ist das kollektive Paranoia oder scheint die Sonne einfach nur zu heiß?

Ein deutsches Phänomen

Die »Free Gaza«-Flottille stand immerhin bei mehreren Regierungskabinetten auf der Tagesordnung. Die Presse in Kanada, Australien, den USA, Frankreich, den Niederlanden, Dänemark und anderen Staaten hat ausführlich berichtet. Objektiv meist. Ebenso die israelische Tageszeitung Haaretz. Die Propagandalügen der israelischen Militärs kamen vor allem in Deutschland gut an. Der Zentralrat der Juden hat sich erneut als deren PR-Agentur erwiesen. Und die »Antideutschen« haben dieses Spiel wieder einmal mitgemacht – was allerdings nicht wundert, denn für Fakten und Humanität haben sich diese Pseudolinken noch nie interessiert.

Alles hängt von Griechenland ab

Aber selbst wenn die Gaza-Flottille gar nicht erst auslaufen sollte – durch das bloße Vorhaben ist einiges erreicht worden: Zehntausende, wenn nicht gar hunderttausende Menschen in aller Welt sind zusätzlich darauf aufmerksam geworden, wie Israel gegen die Palästinenser vorgeht und mit welchen Lügen und Erpressungen seine Regierung die Weltöffentlichkeit an der Nase herumführt. Schon die bloße Existenz der Gaza-Flottille ist als Erfolg zu werten.

Letztlich hängt jetzt alles an Griechenland, das sich mit seinem Auslaufverbot zum Komplizen der völkerrechtswidrigen Blockade des Gazastreifens macht. Ob das mit der griechischen Verfassung vereinbar ist, darf stark bezweifelt werden – kein demokratischer Staat kann Schiffe unter ausländischer Flagge, die ordnungsgemäß registriert, seetüchtig und mit einer erfahrenen Besatzung ausgestattet sind, am Auslaufen hindern. Bei einer Militärdiktatur würde man sich nicht wundern – aber bei einem Land wie Griechenland, das vor 2 500 Jahren die Demokratie erfunden hat? Und das auch noch von einem Ministerpräsidenten regiert wird, der sich Sozialist nennt?

Schiffe bis zu dreizehn Mal überprüft

Die griechische Regierung weiß genau, auf welch schwachen Füßen ihr Auslaufverbot steht, über das in den nächsten Tagen sicher noch Gerichte zu entscheiden haben. Die Organisatoren der Flottille haben jedenfalls schon Anwälte in Marsch gesetzt, um es zu Fall zu bringen. Ersatzweise wird versucht, mit behördlichen Schikanen die Schiffe festzuhalten. Eines von ihnen bekam dreizehn Mal Besuch von den Hafenbehörden, die es auf Seetüchtigkeit untersuchten und jedes Mal neue Beanstandungen fanden.

Bei der »Tahrir«, die im Hafen von Agios Nikolaos auf Kreta liegt, wurde zunächst das Seefunkgerät beanstandet. Kein Problem – es wurde kurzerhand ein neues gekauft. Dann wollte ein Polizist die Genehmigungsurkunde zur »Überprüfung« konfiszieren, was am Widerstand der Besatzung scheiterte. Die Hafenmeisterin brachte dann das Argument an, auf dem Schiff gebe es kein heißes Wasser. Und schließlich hieß es, die Sitzbänke auf dem Schiff seien zu schmal, um darauf schlafen zu können. Als Sandra Ruch, jüdische Kanadierin und formale Eignerin der »Tahrir« darauf einen Lachanfall bekam, blätterte die gute Frau erst einmal in Gesetzestexten, in der Hoffnung, eine Vorschrift über die zum Schlafen geeignete Sitzbankbreite zu finden. Wie dem auch sei – auf Anordnung »von ganz oben« wurde festgelegt, daß die »Tahrir« sich höchstens 60 Seemeilen (eine Meile sind 1,852 Kilometer) von Kreta entfernen darf. Aber auch damit werden sich wohl noch Gerichte befassen müssen.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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