Pyrrhus-Sieg Israels
Von Peter WolterAuf den ersten Bick sieht es so aus, als habe Israel erfolgreich die jüngsten Proteste gegen seine Palästina-Politik abgeblockt: Die zehn Schiffe der zweiten Gaza-Flottille stecken weiter in Griechenland fest, und von den »Airway-Demonstranten«, die am Freitag mit einem massenweisen »Fly-In« nach Israel ihre Weiterreise nach Palästina erzwingen wollten, sind nur wenige Dutzend durchgekommen.
Wirft man aber einen zweiten Blick auf die Vorkommnisse der vergangenen Woche, stellt man fest, daß der erste täuscht. Dank der PR-Arbeit der Flottillen-Planer haben die Medien in Nordamerika, Skandinavien, West- und Südeuropa, Rußland – und die der muslimischen Welt sowieso – breit berichtet, wie Israel die mit gewaltlosen Pazifisten bemannte Flotte behindert hat: mit Sabotage, Propagandalügen, Spaltungsversuchen. Einige hunderttausend Menschen mehr als bisher wissen jetzt genauer, wo Menschenrechte ebenso mißachtet werden wie internationale Vereinbarungen.
Offenbar wurde auch diplomatische Erpressung angewandt – anders läßt sich nicht erklären, daß das bislang palästinafreundliche Griechenland sich mit seinem völkerrechtswidrigen Auslaufverbot zum Komplizen der Gaza-Blockade macht. Wie Griechenlands Regierung mitteilte, besucht Ministerpräsident Andreas Papandreou in wenigen Tagen Israel. Er wird dort Premier Benjamin Netanjahuhs Dank entgegennehmen – mindestens.
Die schrillen Reaktionen Israels und seiner Parteigänger im Westen zeigen eins: Tel Aviv schwimmen die Felle davon – nicht zuletzt aufgrund der sozialen Veränderungen in verschiedenen arabischen Staaten. Kein Wunder daher, daß es im israelischen Sicherheitsapparat offenbar Risse gibt: Während einige »Experten« versuchten, die Behauptung zu entkräften, die Palästina-Aktion sei eine terroristische Bedrohung, gefielen sich andere darin, mit immer neuen Horrorszenarien Öl ins Feuer zu gießen.
Welche Daumenschrauben Griechenland angelegt wurden, wissen wir nicht. Auf jeden Fall hat der Ruf seiner Regierung Schaden genommen: Nachdem sie sich die griechische Innenpolitik schon von Ackermann, Merkel & Co. vorschreiben läßt, holt sie jetzt ihre außenpolitischen Direktiven offenbar in Tel Aviv und Washington ein.
Bei der griechischen Bevölkerung kommt das überhaupt nicht gut an. Gegen das Auslaufverbot gab es in vielen Häfen spontane Demonstrationen, und nicht wenige Soldaten und griechische Hafenbeamte entschuldigten sich bei den Teilnehmern der Flottille dafür, daß sie diese nicht auslaufen lassen durften.
Aber Israel sollte sich nicht zu früh freuen: Die dritte Flottille ist offenbar schon in Planung, es geht wohl auch ohne Papandreou. Die Organisatoren der kanadischen »Tahrir« gaben am Sonntag bekannt, daß sie für dieses Mal aufgeben, daß sie aber den nächsten Anlauf schon vorbereiten – das Schiff liegt ausgerüstet an der Pier.
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