»G-20-Gipfel stellt eine starke Belastung dar«
Von Anselm LenzSie wollen ermitteln, was der G-20-Gipfel der Stadt Hamburg wirklich an Geld und Ressourcen abverlangt. Am kommenden Donnerstag soll darüber in der Bürgerschaft diskutiert werden. Aber die Kosten für eine Konferenz müssten doch im Vorfeld für den Haushalt berechnet worden sein. Woher rührt also die Unklarheit?
Die normale Vorgehensweise nach der Landeshaushaltsordnung wäre diese: Die Stadt sagt, dass sie ein Vorhaben plant, dann wird den Bürgern mitgeteilt, wie teuer es wird. So ist es zumindest vorgeschrieben. In diesem Fall ist dieser Weg nicht gewählt worden. So etwas Ähnliches haben wir schon bei der Olympia-Bewerbung Hamburgs erlebt.
Ist davon auszugehen, dass das Treffen der Regierungschefs der G 20 ein ähnliches Fiasko für den Fiskus wird?
Wir wissen nicht genau, warum der Gipfel gerade in Hamburg stattfinden soll. Irgend etwas ist zwischen dem Ersten Bürgermeister Olaf Scholz, SPD, und der Bundeskanzlerin Angela Merkel besprochen worden. Die Stadt Hamburg hat bisher nur eine Zusage von der Bundesregierung, dass diese Kosten in Höhe von 50 Millionen Euro übernimmt. Wir gehen aber davon aus, dass die Belastungen um einiges höher ausfallen werden.
Warum?
Wir haben festgestellt, dass das Treffen der G 20 in Toronto weit über 400 Millionen Euro gekostet hat, von denen die Stadt Toronto 370 Millionen übernehmen musste. Da müssen wir aber nochmal genauer schauen, welche Kosten wie zusammengerechnet wurden. Wahrscheinlich lag der Gesamtbetrag noch höher. Über solche Fragen müssen die Bürger aber Bescheid wissen. Genau das werden wir in der Bürgerschaft am Donnerstag kommender Woche einfordern.
Ist Ihnen bekannt, was allein der Posten für die Unterbringung der Gipfelteilnehmer ausmacht?
Das wissen wir nicht so genau, denn wir haben keine Daten darüber, welche Ausgaben von den jeweiligen Staaten übernommen werden. Es besteht hier also keine Transparenz, wir können nur schätzen und uns an den Erfahrungen von Toronto orientieren. Die Sicherheitsausgaben muss Hamburg auf jeden Fall bezahlen. Wir wissen nicht, wie hoch die Kosten für den Polizeieinsatz werden. Außerdem wurden Sicherheitsunternehmen für bestimmte Aufgaben engagiert. Auch für diese Firmen müssen Beträge ausgegeben werden, über die wir nicht aufgeklärt werden.
Was bedeutet das für den Hamburger Haushalt?
All das stellt eine starke Belastung dar. Wenn wir als Partei auch nur die kleinsten Forderungen stellen, entgegnet uns der Senat immer: »Wo ist denn die Gegenfinanzierung dafür?« Jetzt sagt der Senat einfach, er wisse noch nicht genau, wie er den G-20-Gipfel bezahlen soll. Das ist doch eine Unverschämtheit. Bei solchen Großprojekten handelt die Stadt unverantwortlich, aber bei jedem kleinen sozialen Projekt sagt Rot-Grün, das wir uns das nicht mehr leisten könnten.
Wir haben in den Bereichen der Stadtteilkultur, der Bürgerhäuser und Kommunikationszentren ein Defizit von mehreren Millionen Euro. Ein zweites Beispiel ist der Betreuungsschlüssel der Kindertagesstätten, also das Verhältnis von Erzieherinnen zu Kindern. Hier schneidet Hamburg im Vergleich zu anderen Bundesländern schlecht ab. Beides ließe sich in den kommenden zwei Jahren problemlos ändern, wenn die G 20 nicht nach Hamburg kämen.
Zum Schluss bitte ich Sie um eine politische Einordnung. Gegen den G-20-Gipfel sind bereits Proteste angekündigt. Wie bewerten Sie das Zusammenkommen der Regierungschefs in Hamburg?
Wir brauchen uns nur die verschiedenen Personen, die dort zusammenkommen, anzuschauen – vor allen will ich hier den türkischen Präsidenten Erdogan und den US-Präsidenten Trump nennen –, um zu sehen, welche Bedrohung sie für die Welt darstellen. Das ist schon alleine Grund genug zu demonstrieren. Außerdem wissen wir von früheren G-20-Treffen, dass es sich nicht um ein demokratisches Gremium handelt. Vielmehr dient es der Interessenvertretung der Mächtigen dieser Welt.
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