Merkel gibt Advokatin des Neoliberalismus
Die Bundeskanzlerin steht bei den deutschen Leitmedien weiter hoch im Kurs. »Merkel hat elf Wochen zur Rettung der Weltwirtschaft«, betitelte Welt.de am Mittwoch vormittag einen Beitrag, der sich mit einem Auftritt der Bundeskanzlerin bei einer lautstarken Lobbyorganisation des Kapitals – der sogenannten B 20 – am Mittwoch in Berlin beschäftigte. Und tatsächlich, dort brach die derart Berufene erneut eine Lanze für das neoliberale Konzept.
Die Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) sei in einer besonderen Verantwortung, gegen Protektionismus weltweit vorzugehen, erklärte die deutsche Regierungschefin und umriss damit sowohl das Feindbild als auch den Hauptadressaten. Dazu brachte sie ein Argument vor, das verdächtig nach einem Zirkelschluss roch: »Allein die Existenz der G20 bedeutet, dass Abschottung und Protektionismus Wege in die Sackgasse, aber nicht Wege nach vorne sind«, sagte Merkel auf dem sogenannten B-20-Wirtschaftsgipfel. Die Veranstaltung war als Beitrag im Rahmen der deutschen G-20-Präsidentschaft deklariert.
»Wer versucht, sich internationalem Wettbewerb zu entziehen, kann sich vielleicht kurzfristige Vorteile versprechen«, sagte die Kanzlerin, ohne Länder zu nennen. »Aber mittel- und langfristig wird die eigene Innovationsfähigkeit geschwächt.« Deshalb seien Freiheit und Offenheit in der Wirtschaft so wichtig.
»Auf lange Sicht sind wir alle tot«, hatte einst der kapitalistische Wirtschaftsweise John Maynard Keynes gesagt. Und Ökonomen wissen, Abschottung kann durchaus sinnvoll für sich entwickelnde nationale Wirtschaften sein. Allerdings setzt das globale Kapital derzeit schlicht auf uneingeschränkte Weltherrschaft, was »mittelfristig« gewiss nicht ins Paradies führen dürfte. Das sehen auch einige Vertreter der 19 in der G20 vereinigten Länder so. Und selbst US-Präsident Donald Trump scheint staatlichen Regulierungsmaßnahmen zum Schutz des Heimatmarktes nicht abgeneigt. Vor allem das hat viele Lobbyisten der Globalisierung aufgeschreckt.
Frau Merkel soll es offenbar richten: Die G20 sei in einer besonderen Verantwortung, weil ihre Länder für drei Viertel der Wirtschaftsleistung auf der Welt stünden. In den vergangenen Jahren habe es aber eine Zunahme protektionistischer Maßnahmen gegeben, sagte die Kanzlerin. Da hat sie bis Anfang Juli noch einiges zu tun. Denn da findet in Hamburg der G-20-Gipfel statt. Dieter Schubert (Quelle: Reuters)
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