Baut auf, baut auf!
Von Kristian StemmlerWährend die ersten Protestcamper in Hamburg ihre Zelte aufbauen, stehen eine Woche vor Beginn des dortigen G-20-Gipfels die Zeichen auf Sturm – nicht nur auf den Straßen der Stadt, sondern auch auf dem Gipfelparkett. Der Spiegel meldete am Freitag, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe ihren Chefunterhändler Lars-Hendrik Röller nach Washington geschickt. Er soll ausloten, ob die USA noch zu Kompromissen beim Treffen bereit seien. »Falls die USA aus weiteren internationalen Vereinbarungen aussteigen, steht auch der G-20-Gipfel in Hamburg vor dem Scheitern«, schreibt das Nachrichtenmagazin.
Die US-Regierung blockiere, so der Spiegel, nicht nur die Zusammenarbeit in der Klimapolitik und in Handelsfragen. Berlin habe auch Hinweise darauf, dass die Administration von Präsident Donald Trump die Kooperation im Kampf gegen Steueroasen und Steuerdumping aufkündigen könnte. Dass zumindest in Sachen Klimaschutz nicht mit ihm zu reden ist, bewies Trump am Donnerstag bei einer Rede in Washington. Man habe sich aus dem Klimaschutzabkommen zurückgezogen, »um amerikanische Jobs, Unternehmen und Arbeiter zu schützen«, sagte er laut AFP: »Ich möchte Ihnen sagen, dass wir stolz darauf sind.«
Die Stimmung dürfte also nicht die beste sein, wenn am kommenden Freitag und Sonnabend die Staats- und Regierungschefs der 19 »wichtigsten Industrie- und Schwellenländer« sowie EU-Vertreter an der Elbe zusammenkommen. Nicht nur Merkel will mit dem US-Präsidenten ein Hühnchen rupfen. Auch Trump und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin werden keine Nettigkeiten austauschen, wenn sie sich laut Reuters beim Gipfel erstmals treffen. Vor allem das Thema Syrien verspricht Ärger. In der vergangenen Woche hatte die US-Administration von einem bevorstehenden Giftgasangriff der syrischen Regierung phantasiert und mit Luftangriffen gedroht.
Dass es auch auf Hamburgs Straßen ungemütlich zugehen wird, dafür sorgt die Polizei mit neuen Provokationen. Sondereinheiten stürmten am Donnerstag die Wohnungen zweier Aktivisten der Gruppe Roter Aufbau Hamburg (jW berichtete). Der G-20-Ermittlungsausschuss bezeichnete die Aktion als »Einschüchterungsversuch gegen die Anti-G-20-Protestbewegung«. Dafür spreche »das martialische Auftreten der Polizei: Vermummte, dunkel uniformierte Einheiten zerstörten im Morgengrauen Eingangstüren und stürmten mit gezogenen Maschinenpistolen die Wohnungen von Linken.«
Einen unerwarteten Erfolg konnten die Organisatoren des Protestcamps im Altonaer Volkspark erringen. Mit den Behörden sei es zu einer »Teileinigung« gekommen, erklärten sie am Freitag nachmittag. Man werde sofort mit dem Teilaufbau des Camps beginnen. Die Auftaktveranstaltung finde am Sonnabend um 12 Uhr im Jugendsportpark statt, ab 20 Uhr sei ein Konzert unter dem Titel »Rap gegen G 20« geplant. Keine Einigung sei über die Nutzung der Wiese im Volkspark erzielt worden.
Von neuen Schikanen hatte der Ermittlungsausschuss noch am Donnerstag berichtet. Die Stadt verbiete nicht nur Protestcamps, sie übe auch »starken Druck« aus, um eine andere Unterbringung zu erschweren. Vereinen und Genossenschaften habe die Stadt verboten, Gipfelgegner aufzunehmen. Eine weitere Schikane: Den Organisatoren der »Welcome to Hell«-Demo am Donnerstag seien die Dixi-Klos gekündigt worden. Genug Toiletten dürften am Sonntag bei der Demo des Bündnisses »G-20-Protestwelle« um das Kampagnennetzwerk Campact bereitstehen. Diese Form bunten Protestes mit Bannermeer und Bootsdemo ist für Hamburgs Obere eine saubere Sache.
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