Protestcamp im Schauspielhaus
Von Kristian StemmlerDas Deutsche Schauspielhaus am Hamburger Hauptbahnhof hat am Dienstag abend sein Foyer für etwa 100 Gipfelgegner geöffnet und ihnen damit Übernachtungsplätze zur Verfügung gestellt. An der Fassade des Theaters hatten die Aktivisten zuvor Spruchbänder aufgehängt, auf denen »Sleeping is not a crime« und »Bühne frei für Isomatten!« stand. Die Polizei rückte daraufhin an, und wollte die Gipfelgegner am Betreten des Gebäudes hindern. »Im Gespräch mit dem Einsatzleiter haben wir dann verständlich gemacht, dass wir das Hausrecht haben, und dann ist die Polizei nach kurzer Zeit wieder abgezogen«, sagte der Geschäftsführer der Bühne, Peter F. Raddatz, dem NDR.
»Wir haben es als Akt der Menschlichkeit und als Selbstverständlichkeit angesehen, dass die Demonstranten eine Übernachtungsmöglichkeit im Schauspielhaus bekommen«, erklärte Raddatz weiter. Das Theater habe seine Räume auch schon auf dem Höhepunkt der sogenannten Flüchtlingskrise Schutzsuchenden zur Verfügung gestellt. Am Mittwoch vormittag ergänzte der Geschäftsführer im Gespräch mit dem NDR, er gehe davon aus, dass die Gipfelgegner auch in den nächsten Tagen im Theater übernachten könnten.
Unterdessen haben die Aktivistinnen und Aktivisten des »Antikapitalistischen Camps«, das am Elbpark in Rothenburgsort errichtet worden war, ihre Zelte abgebrochen. Sie seien aus dem »Freiluftgefängnis Entenwerder« ausgebrochen, schrieben sie nach tagelangen Schikanen und Übergriffen durch die Polizei auf ihrer Homepage. Wörtlich heißt es in dem Statement:
»Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat ein Camp als Ausdruck politischen Protests ausdrücklich befürwortet, ebenso das Verwaltungsgericht Hamburg, das zusätzlich Schlafen und Infrastruktur auf dem Camp erlaubt hat. Diesem Beschluss hat sich die Polizei widersetzt und das Camp am 2. Juli brutal gestürmt, um Schlafzelte zu entfernen. Dieser Putsch der Polizei gegen die Justiz und dessen Unterstützung durch die Hamburger Behörden zeigt wieder einmal, dass politischer Widerstand gegen das herrschende System auf legalem Weg nicht möglich ist. Wir werden nicht länger um Erlaubnis bitten, sondern uns von nun an nehmen, was wir brauchen!
Die völlig inakzeptablen Schikanen der Polizei, wie pausenlose Patrouillen über und rund ums Camp, das Nichtdurchlassen von Versammlungsteilnehmer*innen, Verpflegung und Presse nehmen wir nicht länger hin. Wir haben keinen Bock mehr am langen Arm der Justiz zu verhungern und darauf zu warten, dass die eine oder die andere Auflage doch noch gelockert wird.
Wir schließen uns dem Aufruf der wütenden Gruppen des Widerstandes gegen den G20 an, ein Camp in Hamburg durchzusetzen und jeden geeigneten Platz zu besetzen und zu Orten zu machen, von denen wir den Protest gegen den G20 selbstbestimmt gestalten können!«
Der Aufruf endet mit der Ansage »Wir sehen uns in der Innenstadt!«
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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