Die Scharfmacher
Von Simon ZeiseDie Polizei rückte am Freitag abend in Hamburg aus, als zöge sie in den Bürgerkrieg. Die bürgerlichen Parteien hatten die Täter umgehend in der Bevölkerung ausgemacht. »Diese extremistischen Kriminellen gehören nicht auf die Straße, sondern vor Gericht«, erklärte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) am Samstag in Berlin. Wer Polizisten verletze und Autos anzünde, »hat keine Toleranz verdient«.
Die Union drehte völlig frei. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer posaunte: »Der linke Mob muss ausgehoben werden, das muss ein Nachspiel haben«, tönte es am Samstag aus Viechtach in der tiefen bayrischen Provinz.
Der Wasserträger Wolfgang Schäubles im Bundesfinanzministerium, Staatssekretär Jens Spahn (CDU), schrieb bei Facebook am Samstag: »Diese vermummten Linksfaschisten zerstören die Autos von Familien, Azubis, Bürgern, sie verletzen Menschen und skandieren Hass. Und zur Belohnung gibt es Applaus von den Linken und eine verständnisvolle Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen.«
Einsichtig zeigte sich hingegen der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl. »Man hätte den G-20-Gipfel nie in einer Millionenstadt wie Hamburg veranstalten dürfen. Die Sicherheitslage ist dort viel zu schwer zu kontrollieren«, äußerte er gegenüber Bild. Dem schloss sich der Bund Deutscher Kriminalbeamter an: »Die Politik trägt die alleinige Verantwortung für die zahlreichen verletzten Polizeibeamten und die Zerstörung in der Stadt«, sagte der Hamburger Vorsitzende Jan Reinecke dem Spiegel.
Zufrieden zeigte sich US-Präsident Donald Trump am Samstag: »Es war wirklich unglaublich, wie die Dinge hier angegangen wurden. Nichts davon war einfach. Aber so professionell. Und ohne große Störung, abgesehen von einer ganzen Menge Leute.«
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!