Die Agenturen geben den Ton vor
...und die meisten Medien spielen ihre Musik danach.
Die ausgewählten Zitate des heutigen Pressespiegels (Zusammenstellung: Klaus von Raussendorff) liefern insofern ein kleines Lehrstück über die Macht der Agenturen im Medienbetrieb.
Während sich so gut wie keine Kommentare zur Rostocker Demonstration finden ließen, wurde die "Meinungbildung", wie bei derartigen Vorgängen üblich, durch die Berichterstattung der Agenturen vorgefärbt. Den Gipfel an Panikmache bildet Spiegel online, in offenkundiger Absicht, die Protestbewegung insgesamt zu diffamieren.
Die französische Agentur AFP liefert dagegen einen abgewogenen und nachvollziehbaren Bericht, bei dem auch die offensive Gewalt der Polizei deutlich wird.
Agence France Presse: Geringfügige Zwischenfälle
Der Demonstrationszug "war von sehr vielen Polizisten eingerahmt und von Hubschraubern der Ordnungskräfte überwacht. Aber etwa 2.000 Demonstranten, meist in Kapuzen und schwarz gekleidet, hatten sich zu einem bedrohlichen Viereck, „Schwarzer Block" genannt, inmitten der farbenprächtigen Menge formiert. Die Zwischenfälle begannen, als die maskierten autonomen Demonstranten anfingen, Steine, Flaschen, Molotowcocktails und andere Feuerwerkskörper auf die Bereitschaftspolizei zu schmeißen. Eine Verfolgungsjagd der Polizisten und der Demonstranten schloss sich an. Ein Teil des Hafenviertels befand sich im Belagerungszustand. In regelmäßigen Abständen griffen die Polizisten, mit Helmen, Schilden und Schlagstöcken an und verfolgten in den Straßen kleine Gruppen von Demonstranten. Hier und dort flogen Steine, darunter ausgerissenes Straßenpflaster. Ein Geruch von Tränengas verpestete die Luft. In einer angespannten Atmosphäre machten einige Schaulustige Fotos und versuchten die Zusammenstöße zu verfolgen, wurden aber von den Ordnungskräften brüsk zurückgestoßen. Eine Frau wurde am Kopf verwundet. Autos wurden umgestoßen. Ein anderes Auto brannte in einer dichten Rauchwolke. Ein Polizeisprecher kam zu der Einschätzung, dass die autonomen Demonstranten „massiv die Konfrontation gesucht" hätten. „Angesichts einer solchen Demonstration hat es sich jedoch um sehr geringfügige Zwischenfälle gehandelt. Im ganzen ist alles sehr ruhig verlaufen," erklärte dieser Polizeisprecher gegenüber AFP."
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Reuters: Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Polizei
„Etwa 2.000 Demonstranten, die von der Polizei als gewalttätige Aktivisten identifiziert wurden, warfen Flaschen, Stöcke und Steine auf die Bereitschaftspolizei, die versuchte, die Menge in der Hafengegend mit Wasserwerfern und Tränegas zu zerstreuen. Zeugen von Reuters sahen Dutzende von Verhaftungen, aber die Polizei lehnte es ab, zu Zahlenangaben Stellung zu nehmen. Die Gewalt, bei der 146 Polizisten verletzt wurden, erfolgte nach einer Reihe von Märschen durch die Stadt, an denen nach Polizeiangaben 25.000 Menschen teilnahmen, weit weniger als die 100.000, die von den Veranstaltern vorhergesagt waren, denen zufolge 80.000 dabei waren."
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Associated Press: 17 Verhaftet, 146 Polizisten verletzt
„Maskierte Demonstranten übersäten die Polizei mit schweren Steinen und Bierflachen und wurden dann mit Wasserwerfern und Tränengas zurückgetrieben bei einem Protestmarsch gegen den bevorstehenden G8-Gipfel in Deutschland. Die Zusammenstöße hinterließen Rauch von brennenden Autos und den Gestank von Tränengas, das durch das Hafenviertel der norddeutschen Hafenstadt Rostock wehte. Etwa 146 Polizisten wurden verletzt, darunter 18 ernstlich. Es gab keine unmittelbaren Zahlenangaben über verletzte Demonstranten."
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Spiegel online (englisch) : Eine Orgie der Gewalt
"Szenen, die an die Massenproteste in den Vororten von Paris in Frankreich vor anderthalb Jahren erinnern" suggeriert die englische Version des deutschen online-Magazins. „Anarchisten setzten Autos in Flammen und errichteten improvisierte Barrikaden aus Müllcontainern. In einigen Teilen der Stadt tobten regelrechte Schlachten zwischen Demonstranten und Polizei, die mit Helmen und Schlagstöcken ausgerüstet waren. Laut Medienberichten warfen die Demonstranten Flaschen und Molotow-Cocktails auf die Polizisten und zerschlugen Scheiben von Polizeifahrzeugen mit Baseballschlägern, ganz wie bei einer Gewaltorgie. Die Polizisten antworteten mit Wasserwerfern und Tränengas in die Menge." Die Veranstalter hätten "sich schnell von den Anarchisten distanziert."
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El Pais (Madrid): Radikale stören einen friedlichen Marsch
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Reuters: Londoner Demo appelliert an Blair
Aktivist und Musiker Midge Ure: "Diese Kundgebung soll (Premieminister) Tony Blair auffordern, die G8 dazu zu bringen, die Versprechen einzuhalten, die sie vor zwei Jahren bei ihrem Gipfel in Gleneagles zu Aids, Armut und Klima gemacht haben." Zu den Demo-Veranstaltern gehörten Oxfam, Christian Aid, Cafod and Action Aid. Die Teilnehmerzahlen variieren: 2.000 nach „Augenzeugen", 10.000 laut „Veranstalter".
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