Presseschau: Hut ab vor den Gipfelstürmern
Die Rostocker »Ostsee-Zeitung« zollt den Gipfelgegnern in ihrer Donnerstagausgabe Respekt: »Profunde Ortskenntnisse führen eine über Monate trainierte Polizeitaktik ad absurdum.
Statt überlegt zu agieren, sind die Sicherheitskräfte gezwungen, überhastet zu reagieren. Die Polizeistrategen haben auf Abschreckung, Verbote und Bannmeilen gesetzt und dabei Kreativität und Flexibilität der Gipfelgegner unterschätzt. Daß es den G-8-Kritikern zunehmend gelingt, mit der Polizei Katz und Maus zu spielen, ist erstaunlich. Und kann auch Angst machen.«
Bush soll sich zu Demonstranten trauen
Die »Freie Presse Chemnitz« merkt zu den Protesten an: »Von den gestrigen Demonstrationen der Gipfelgegner, von denen sich die Polizeikräfte erstaunlicherweise wieder einmal überrascht zeigten, hat US-Präsident George W. Bush beispielsweise sicherlich kaum etwas mitbekommen. Vielleicht haben ihn ja spät am Abend einige Bilder aus dem Fernsehen erreicht. Warum eigentlich kommt niemand auf die Idee, sich dem Protest einmal zu nähern und sich ihm direkt zu stellen, statt sich abzuschotten? Mappen, Akten und andere wichtige Utensilien tragende Ministerialbeamte, die ihre Chefs sonst ja auch mit Berichten aller Art versorgen, gibt es doch in jeder Delegation zur Genüge. Vom Volk in höchste Regierungsämter gewählt zu werden, ist eine Seite der Demokratie. Mit deren (gewaltfreien) Protesten umzugehen, eine andere.»Gefährliches Katz-und-Maus-Spiel
Bayreuths »Nordbayerischer Kurier« lehrt: »Die Demonstranten, die in Heiligendamm der Staatsgewalt trotzen wollen, lassen sich auf ein gefährliches Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei ein. Mit Blockaden und einem Vordringen in Verbotszonen feiern sie ihre kleinen Triumphe, aber was außer Polizeihundertschaften bewegen sie damit? Selbst die ehrenwertesten Motive unterstellt: Sie wandeln auf einem schmalen Grat zwischen Recht und Unrecht. Ein Funke kann in aufgeheizter Lage zur Eskalation genügen. Demonstranten ebenso wie Polizeibeamten wird hohe Disziplin und Besonnenheit abverlangt. Steinwürfe, Schlagstock, und Wasserwerfer gehören in einer freiheitlichen Gesellschaft nicht zur Diskussionskultur.«ATTAC kindisch, Linkspartei frivol
Die »Rheinische Post« dagegen ereifert sich: »Was sich manche Gegner des G8-Treffens leisten, ist dreist. Sprecher des globalisierungskritischen Netzwerkes ATTAC, das sich zur Hüterin einer höheren Moral, als eine Art Greenpeace zu Lande, aufspielt, feiern die ihnen gelungenen Straßenblockaden wie Kindsköpfe, denen ein Streich gelungen ist. Straßenblockaden mögen nicht generell den Straftatbestand der Nötigung erfüllen; Rechtsbrüche, Ordnungswidrigkeiten sind sie allemal. Politisch frivol äußerten sich gestern Repräsentanten der Linkspartei, indem sie der Polizei vorhielten, bei den Zahlenangaben zu ihren im Einsatz gegen Steinewerfer verletzten Beamten getäuscht zu haben. Daß die Knochenbrüche an Fingern und Handgelenken in der Regel ambulant und nicht stationär versorgt wurden, heißt doch nicht, daß die Polizei »maßlos übertrieben« hat.«(jW)
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