In Kontakt
Von Peter WolterPunkt 13.00 Uhr, als sich die Buchmesse für das Publikum öffnet, bricht die Invasion herein: Tausende Kubanerinnen und Kubaner strömen in das Messegelände in der alten Spanierfestung.
Schon nach wenigen Minuten schiebt sich ein Menschenstrom durch den engen Gang vor dem jW-Stand. Unserer Helferin Jessica, einer uns als Hilfskraft zugeteilten »trabajadora social«, wird die Messe-Sonderausgabe der jW buchstäblich aus der Hand gerissen. Auch Oliver Desoi hat sich als Helfer zur Verfügung gestellt – er studiert zur Zeit in Havanna. Er hält ein wachsames Auge auf unsere Bücherkartons und Zeitungsstapel hinter dem Stand. Leider nicht auf seinen Rucksack, der ist nämlich schon nach zehn Minuten geklaut.
Immer wieder kommen Besucher freudestrahlend zu unserem Stand: Der eine hat in Halle gearbeitet, der andere in Leipzig promoviert, der dritte war Maschinenbauingenieur in Magdeburg. Über 30000 Kubanerinnen und Kubaner haben ihre Ausbildung in der DDR absolviert, die alte jW ist ihnen in guter Erinnerung und sie freuen sich, daß es uns noch gibt. Einer von ihnen ist Leonel R. Cala Fuentes, der ein Buch über seine Zeit in der DDR geschrieben hat. Wir verabreden uns für Freitag mit ihm zu einem Interview, das dann auch online zu lesen sein wird.
Auch die Medien interessieren sich für unseren Stand. Eine Kollegin von Radio Havanna macht mit uns ein Interview, weitere Pressekontakte haben wir schon am Tag zuvor mit der kubanischen Seite verabredet. Mal sehen, was daraus wird.
In den Vorjahren wurde die Messe jeweils von etwa einer halben Million Menschen besucht – der Bildungshunger und die Lust am Lesen scheinen ungeheuer zu sein. Die Organisation ist perfekt und routiniert, das Militär stellt Wasserbehälter und Transportmittel zur Verfügung, hunderte »trabajadores sociales« helfen an den Ständen oder schleppen Material herbei. Im Freigelände gibt es Stände mit Bier, Spanferkel und Limonade – diese Buchmesse ist ein riesiges Volksfest.
Nach etwa drei Stunden stellen wir die Verteilung unserer Kuba-Ausgabe erst einmal ein, wir wollen noch etwas für die nächsten Tage übrig behalten. Auch die mitgebrachten Plakate gehen weg wie warme Semmeln - Hits sind das mit dem Fidel-Castro-Foto und das mit einer politisch-sinnlichen Zeichnung von Thomas J. Richter.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
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