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23.02.2008, 17:14:45 / Buchmesse Havanna 2008

»Auf ewig unser Oberbefehlshaber«

Von Peter Wolter
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Kubaner nehmen Ämterverzicht Fidel Castros gelassen
Für die wohl große Mehrheit aller Kubanerinnen und Kubaner ist es offenbar undenkbar, daß der Mann, der gemeinsam mit seinem Bruder Raúl und dem argentinischen Arzt Ernesto Guevara vor 49 Jahren die Revolution anführte, aus dem politischen Leben verschwindet. Das kann sich allerdings auch der 81 Jahre alte Fidel Castro nicht vorstellen: »Ich verabschiede mich also nicht von Euch«, schloß er seine Erklärung in dieser Woche. »Mein einziger Wunsch ist es, ein Soldat im Kampf um Ideen zu sein.« Er will weiter Einfluß nehmen und mit seinen Erfahrungen zur Weiterentwicklung der kubanischen Revolution beitragen. Und zwar über die kommunistische Tageszeitung Granma, die künftig die »Reflexionen des Genossen Fidel« abdrucken wird.


Auch der Staatspräsident Venezuelas, Hugo Chávez, kann sich nicht vorstellen, daß Castro von der Bühne abtritt. »Fidel tritt nicht zurück!« verkündete er am Mittwoch im kubanischen Fernsehen. »Er wird weiter im revolutionären Kampf stehen.« In einer Einspielung in die täglich ausgestrahlte Diskussionsrunde »Mesa Redonda« (Runder Tisch) kam auch Nicaraguas Staatspräsident Daniel Ortega zu Wort: »Fidel bleibt der unumstrittene Führer des revolutionären Prozesses in Lateinamerika«, sagte er. Ähnlich äußerten sich die Staatsoberhäupter von Bolivien und Brasilien, Evo Morales und Luiz Ignacio »Lula« da Silva.

Ergänzt wurde die Sendung mit Straßeninterviews. »Es ist doch klar, daß Fidel nicht mehr seine bisherige Rolle einnehmen kann«, sagte ein Kubaner. »Er ist 81 Jahre alt, gesundheitlich angeschlagen – jüngere müssen in seine Fußstapfen treten. Aber: Die Kontinuität der Revolution ist auf jeden Fall gesichert.« Die TV-Journalistin Aleen Rodríguez Derivet sprach offenbar vielen Kubanern aus der Seele: »Er wird auf ewig unser Oberbefehlshaber bleiben.«

Ähnlich denkt auch der kubanische Kundschafter René González, der wegen seines Kampfes gegen den von Miami ausgehenden antikubanischen Terror seit 1998 in einem US-Gefängnis sitzt. Die Nachrichtenagentur Prensa Latina zitierte den zu 15 Jahren Haft Verurteilten am Donnerstag mit den Worten, Castro sei für ihn ein »Soldat der Ehre«, dessen Beispiel in der ganzen Welt ungezählten Kämpfern für eine gerechte Gesellschaft Mut gebe.

Es überrascht nicht, daß in Washington und in den Hauptstädten der Europäischen Union nach dem Verzicht Castros auf politische Spitzenämter ein Aufweichen oder gar ein Ende der kubanischen Revolution erwartet wird. Aber auch diese Stimmen wurden in »Mesa Redonda« zitiert. Der EU-Außenpoltiker Javier Solana etwa hofft, daß sich die kubanische Gesellschaft »sehr schnell« wandelt – womit er das Einknicken gegenüber den USA und die Öffnung für ausländisches Kapital meint. Ähnlich äußerten sich die US-Politikerin Hillary Clinton – aber auch ihr Konkurrent um die Präsidentschaftskandidatur der US-Demokraten, Barack Obama. Rogelio Polanco Fuentes, Chefredakteur der kubanischen Tageszeitung Juventud Rebelde, kommentierte die Stimmen westlicher Politiker so: »Diese Damen und Herren haben nicht das geringste moralische Recht, uns zu sagen, was wir zu tun haben.«

Schon die Nachricht von Castros Erkrankung vor anderthalb Jahren hatte im »Westen« die Hoffnung ausgelöst, die angeblich unterdrückten Kubaner würden jetzt die Herrschaft der kommunistischen Partei hinwegfegen. Und in der Dissidentengemeinde in Miami (Florida) wurden voreilig Freudenfeste gefeiert. Pustekuchen: Die Kubaner nahmen die krankheitsbedingte Auszeit Castros gelassen hin, bis auf die von der Westpresse hofierten Dissidenten vom Dienst forderte niemand den »demokratischen Wandel«. Was natürlich nicht ausschließt, daß viele Menschen Verbesserungen erwarten.

An den Castro-Brüdern führt auf Kuba immer noch kein Weg vorbei. Den von vielen Auslandsmedien unterstellten Personenkult gibt es jedoch nicht. Nicht eine Fabrik, nicht eine Universität führt den Namen der Castros. Nach ihnen ist auch keine Straße benannt. In vielen deutschen Amtsstuben prangt aufgrund dienstlicher Anordnung das Porträt des Staatsoberhauptes an der Wand – nicht jedoch auf Kuba. Es sei denn, daß es jemand aus eigener Initiative aufgehängt hat.

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