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24.02.2008, 17:27:27 / Buchmesse Havanna 2008

Zeitungsenten vor Havanna

Von Harald Neuber
Keine Spekulation: Ein Küstentanker läuft Havanna an
Keine Spekulation, sondern Realität: Ein Küstentanker läuft Havanna an

Proteste gegen Falschmeldungen über »Transition« in Kuba. Hans Modrow dementiert AP-Darstellung
Die brasilianische Tageszeitung Folha do São Paolo berichtete Ende vergangener Woche, der kubanische Interimspräsident Raúl Castro habe seinen brasilianischen Amtskollegen Luiz Inácio »Lula« da Silva um Hilfe bei einer angestrebten »Transition« gebeten.

Für Aufregung bis in Regierungskreise sorgte auch eine Meldung, die fast zeitgleich von mehreren Nachrichtenagenturen verbreitet wurde. »Der letzte Ministerpräsident der DDR, Hans Modrow, will Kubas Führung seine Erfahrungen zu einem offenen Gesellschaftssystem nahebringen«, schrieb unter anderem der deutsche Dienst der US-Agentur AP unter Berufung auf den deutsch-mexikanischen Sozialwissenschaftler Heinz Dieterich, der sich als Freund Modrows bezeichnet.
Der ehemalige DDR-Politiker Modrow, der sich bis zum Sonntag auf Einladung der kubanischen Kommunisten in Havanna aufhielt, wies diese Interpretation in einer Stellungnahme jedoch entschieden zurück. »Mein Besuch hat damit in keiner Weise etwas zu tun«, sagte der tatsächlich vorletzte Premier der DDR. Welche Absichten Dieterich mit seinen Erklärungen verfolge, »ist nicht durchschaubar«, so Modrow weiter. Von freundschaftlichen Beziehungen zu Dieterich könne angesichts von dessen  Spekulationen »keine Rede« sein.
Auch der Gerügte widersprach den Berichten. Er sei »überrascht und einigermaßen enttäuscht«, daß Modrow den »Lügen« Glauben schenke, schrieb er in einer E-Mail. Er habe nie behauptet, daß sich der Linkspolitiker zu einem »geheimen Besuch« in Kuba aufhalte, noch habe er gesagt, daß seine Thesen von hochrangigen kubanischen Politikern geteilt würden. Beides war in der internationalen Presse behauptet worden.
Dieterich ist als Fürsprecher eines »chinesischen Modells« für Kuba in die Kritik geraten. In dessen Rahmen solle zunächst das wirtschaftliche und dann das politische System »geöffnet« werden. Auch im AP-Interview forderte er »multiple Eigentumsformen« für den sozialistischen Inselstaat.

Ohne Geheimnisse

Hans Modrow befindet sich noch bis zum 24. Februar auf Einladung der Kommunistischen Partei Kubas (PCC) in dem Karibikstaat. Verbunden mit dieser Einladung an den Ministerpräsidenten a.D. waren Besuche in Einrichtungen des Gesundheits- und Bildungswesens, sowohl in Havanna wie auch in Cienfuegos. Politische Gespräche führte er unter anderem mit dem Präsidenten der Nationalversammlung Ricardo Alarcón und er hielt einen Vortrag am „Institut für Europafragen".  Zusammen mit der Tageszeitung junge Welt und der deutschen Solidaritätsorganisation Cuba Sí fand zudem eine öffentliche Lesung aus dem Buch „In historischer Mission. Als Politiker unterwegs" statt.

Wie Hans Modrow erklärt, hat sein Besuch in keiner Weise etwas mit den Erklärungen zu tun, die der Sozialwissenschaftler Heinz Dieterich Ende dieser Woche gegenüber internationalen Medien abgegeben hat. Die Reise hat weder einen „geheimen" Charakter, wie die spanische Nachrichtenagentur EFE unter Berufung auf Dieterich berichtet hatte, noch ist sie mit Begegnungen und Gesprächen mit Fidel oder Raul Castro verbunden. Modrow weist darauf hin, dass es kein Telefonat mit Dieterich gegeben hat.

Welche Absichten Dieterich mit seinen Erklärungen verfolgt, sei nicht durchschaubar, sagte Modrow. In jedem Fall entsprechen seine Ausführungen nicht den Tatsachen und Modrow weist sie mit aller Entschiedenheit zurück. Der Aufenthalt geht nicht bis in den April und von freundschaftlichen Beziehungen kann angesichts der von Dieterich angestellten Spekulationen keine Rede sein.

Hans Modrow betonte, dass er zum siebenten Mal Kuba besuchte und damit die Möglichkeit hatte, die Entwicklung auf Kuba heute mit der Lage des Karibikstaates in den letzten Jahrzehnten zu vergleichen. Es ging dabei nicht um Belehrungen anderer, sondern darum, die gegenwärtige Realität auf Kuba zur Kenntnis zu nehmen und in Deutschland für eine verstärkte Solidarität mit Kuba zu werben.

Bei einem Treffen mit Studierenden an der Universität für Informatikwissenschaften (UCI) in Havanna am Freitag betonte Modrow seinen Respekt gegenüber Fidel Castro angesichts dessen Entscheidung, bei der Wahl des Staatsrates am Sonntag nicht erneut als Präsident zu kandidieren. Castro werde im kubanischen Volk weiter eine uneingeschränkte Autorität sein und hohe Achtung genießen.

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